US-Wahl:Die wichtigsten Faktoren, die Trump halfen

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2016 war Donald Trump der Change-Kandidat, der Mann für den Wechsel - und der Hass vieler Amerikaner auf Hillary Clinton gab ihm einen zusätzlichen Schub.

Analyse von Matthias Kolb, Washington

Donald Trump war sich immer sicher, dass er es schaffen kann. "Ich weiß, wie man gewinnt und mit mir wird Amerika wieder gewinnen", rief der Geschäftsmann bei jeder Gelegenheit und nun hat er recht behalten. Obwohl er in den Umfragen stets hinter der Demokratin Hillary Clinton lag, sicherte er sich am Wahlabend den Sieg und wird als 45. US-Präsident der Nachfolger von Barack Obama. Und ohne Übertreibung lässt sich wohl sagen: Amerika und die Welt sind überwältigt bis schockiert.

Die wichtigsten Faktoren für Donald Trumps Erfolg im Überblick:

1. Wunsch nach Wandel und Veränderung war überwältigend

Für deutsche Leser klingt es absurd, aber 2016 war Donald Trump der change-Kandidat. Wer den Abgeordneten und Lobbyisten den Mittelfinger entgegenstrecken wollte und darauf hoffte, dass sich in der US-Hauptstadt Washington etwas ändert, der stimmte für den Republikaner. "Schlimmer kann es doch gar nicht werden", dieses Argument hörte man oft auf Reisen durch die USA. Seine Botschaft "Make America Great Again" kam vor allem in jenen Industriestaaten des Mittleren Westens an - Ohio, Wisconsin und Michigan -, wo viele gut bezahlte Jobs verloren gingen.

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Viele Trump-Wähler (gerade jene, die sich nicht auf seine Events trauten und ihn eher heimlich unterstützten) konnten zwar nicht beschreiben, wie der Geschäftsmann das Land verändern würde, aber sie sind bereit, das Risiko einzugehen. Sie sehen dies pragmatisch: "Wenn er als Präsident nicht gut ist, dann wählen wir ihn eben wieder ab. Aber eine Chance hat er verdient." Dieser Erfolg belegt die Abgehobenheit vieler Analysten, Journalisten und Politiker: Ausgerechnet der Milliardär, der in einem goldenen Turm wohnt, hat das beste Gespür für die Stimmung im Land.

2. Hillary Clinton war die ideale Gegnerin für ihn

Dass Polit-Neuling Trump bestenfalls oberflächliche Kenntnisse in nahezu allen Politikfeldern - insbesondere in der Außenpolitik - hat und im Laufe des Wahlkampfs täglich Lügen und falsche Statistiken verbreitete, war unübersehbar. Die Art, wie er über Frauen sprach, sexuelle Übergriffe verharmloste oder sich über Behinderte lustig machte, gefiel auch seinen Fans nicht. Doch all das war nebensächlich, weil die Verachtung für Clinton viel zu groß ist. Ihre Kompetenz und Sachkenntnis war vielen egal. Niemand verkörpert jenes Polit-Establishment, das viele Bürger verachten, so sehr wie die ehemalige Außenministerin. Dass nach den Bushs eine weitere Präsidenten-Dynastie entstünde, widerstrebt vielen. Und die 69-Jährige hat es ihren Gegnern leicht gemacht: Indem sie als Außenministerin einen privaten E-Mail-Account nutzte, bestätigte sie das Vorurteil, dass sie und ihr Mann Bill denken, sich nicht an Regeln halten zu müssen. Dass sie mit Reden vor Wall-Street-Bankern und anderen Gruppen Dutzende Millionen verdiente, gefiel vielen nicht - und bei der Clinton-Stiftung gibt es viele Ungereimtheiten und den Eindruck, dass sich Ex-Präsident Bill bereichert hat. Hinzu kommt, dass Clinton eine miserable und uncharismatische Wahlkämpferin war.

3. Soziale Erwünschtheit ist in Umfragen schwer zu fassen

Hier wird es in den kommenden Tagen viel zu erklären geben, denn wie beim Brexit-Referendum oder bei der Volksabstimmung in Kolumbien zum Friedensschluss mit den Farc-Rebellen lagen die Umfrageinstitute falsch. Offenbar trauten sich viele US-Bürger nicht, ihre Unterstützung für den Republikaner anzugeben, wenn sie von Meinungsforschern angerufen wurden. Obwohl bis zum Morgen des 8. November alle Statistik-Websites wie FiveThirtyEight oder The Upshot Hillary Clinton eine 70-Prozent-Siegchance gaben, erwies sich ein anderer Slogan von Donald Trump als wahr: "The silent majority stands with Trump."

4. Mehr Selbstdisziplin + FBI-Ermittlung = Wahlsieg

Über diese Frage wird in den sozialen Medien schon heute diskutiert: Hat FBI-Chef James Comey Trump zum Präsidenten gemacht, indem er über die neuen Ermittlungen in Sachen E-Mail-Affäre informierte? Eine Woche später verkündete Comey zwar, dass Clinton kein Vergehen nachgewiesen konnte, doch diese "October Surprise" änderte die Dynamik.

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Die Demokraten sind sauer, dass das FBI erneut ermittelt, wer welche E-Mails an Hillary Clinton schrieb. Dabei hat Clinton einst die Fehler begangen, die nun ihre Kandidatur belasten - und wohl auch ihre Präsidentschaft.

Kommentar von Matthias Kolb, Washington

Plötzlich stand Clinton, ihre Geheimniskrämerei und ihr Charakter im Mittelpunkt der Debatte. Und 2016 war es stets so, dass der Kandidat in den Umfragen absackte, der im Zentrum des Interesses steht. Trump nutzte diese Gelegenheit klug, indem er plötzlich selbstdiszipliniert auftrat, keine Schönheitsköniginnen oder Soldaten-Eltern mehr beleidigte und sich auf seine "Wer Wandel will, muss mich wählen"-Botschaft konzentrierte.

Wie groß der Einfluss von Comeys Ankündigung auf die Stimmung der US-Wählerschaft war, lässt sich womöglich nie genau beziffern, aber es hat Donald Trump definitiv geholfen.

5. Die Bedeutung des Supreme Court überzeugte skeptische Konservative

Viele Republikaner haben große Vorbehalte gegenüber Donald Trump, aber sie stimmten für ihn, weil der nächste Präsident mindestens einen Richter für den Obersten Gerichtshof nominieren kann. Die Republikaner haben Obamas Kandidaten im Senat ein Jahr lang blockiert, in der Hoffnung auf einen konservativen Wahlsieg. Und weil zwei andere Richter älter als achtzig sind, könnte Präsident Trump mit seinen Personalentscheidungen die Ausrichtung des Supreme Court auf Jahrzehnte beeinflussen. Die neun Juristen prägen mit ihren Entscheidungen zu Waffenbesitz, Abtreibung, Homo-Ehe oder Einwanderungsreform das gesellschaftliche Klima in den USA.

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