"Tatort"-Kolumne:Die helle Seite des Todes

Tatort: Es lebe der Tod; Felix Murot Tatort HR Ulrich Tukur Es lebe der Tod

Ein Duell zweier zivilisierter Menschen: Felix Murot (r.) und Arthur Steinmetz.

(Foto: HR)

Was ist gut und was böse? Der Wiesbadener Tatort ist ein liebevoll komponiertes Duell zweier zivilisierter Menschen. Denn der gute Mensch als solcher ist auch nur eine Illusion.

TV-Kritik von Holger Gertz

Wenn ein Tatort liebevoll komponiert ist, erzählen schon die Namen der Figuren eine eigene kleine Geschichte. Der Held dieser Episode vom HR heißt: Arthur Steinmetz. Viel bulliger und brachialer geht es nicht, aber dann tritt aus dem Schatten dieses Namens ein zartes Männlein hervor, ein Serienkiller, der zwar reihenweise Menschen umbringt, aber er tut nicht mehr weh als nötig, und er hat immer einen Grund.

Herr Steinmetz metzelt nicht, er besänftigt und befriedet. Wenn ein Tatort liebevoll komponiert ist, entwickelt er auch die entsprechenden Bilder: Eine Frau liegt in der Wanne, scheinbar schlafend, nur um ihre Handgelenke herum ist das Wasser blutrot verfärbt. Es sieht fast so aus wie kleine Wolken.

"Es lebe der Tod" ist eine Philosophie über den Tod und darüber, ob es eine helle Seite des Todes gibt. Täter Steinmetz (Jens Harzer) spricht darüber mit dem LKA-Mann Felix Murot (Ulrich Tukur); dieser sehr ruhige Tatort ist in Teilen ein Dialog zwischen dem Ermittler und dem Mörder, also zwischen Gut und Böse. Was so leicht zu unterscheiden allerdings nicht immer ist, der gute Mensch als solcher ist auch nur eine Illusion. Schöner Drehbuch-Satz: "Mit dem ersten Kontakt kommt der erste Verdacht."

Harzer ist als Steinmetz grandios, warm und kühl zugleich, beiläufig und eindringlich. Er erzählt von seiner kranken Oma, Schlaganfall. Sie lag ewig, die Familie wollte sie nicht gehen zu lassen. Da hat er die Entscheidung übernommen, als Kind, und er war erstaunt, wie schnell alle wieder lachen konnten, als die Oma tot war. Vor allem war er interessiert daran, welches Geräusch entsteht, wenn man jemandem den Saft abdreht, aber die Oma hat gar kein besonderes Geräusch gemacht.

Regisseur Sebastian Marka und Drehbuchautor Erol Yesilkaya - vor wenigen Wochen lief ihr sehr guter Münchner Fall "Die Wahrheit" - halten die Spannung hoch, kleine Hinweise verdichten sich zu der Erkenntnis, das Steinmetz auch und gerade mit Murot noch einiges zu klären hat. Eine Philosophie über den Tod, und ein Duell zweier zivilisierter Menschen. Der Soundtrack in diesem durch und durch liebevoll komponierten Tatort ist eine Hymne auf die Ambivalenz des Lebens. "Don't explain", in der schönen Version von Nina Simone. "You're my joy and my pain". Zum Eingrooven schon mal reinhören.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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