Landwirtschaftsminister:Christian Schmidt, der kalauernde Minister

Christian Schmidt

Christian Schmidt: Landwirtschaftsminister mit Hang zu unfreiwilliger Komik.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Der Landwirtschaftsminister plädiert für mehr Schweinefleisch an Schulen und will "vegane Schnitzel" verbieten. Er setzt damit sehr eigene Prioritäten - und offenbart einen Hang zu unfreiwilliger Komik.

Von Markus Balser

Zum Jahresende wollte Agrarminister Christian Schmidt, 59, noch groß rauskommen, mit einem gelungenen Auftritt. Am Freitag will er in Berlin sein "Grünbuch" vorstellen - eine Orientierung für gute Ernährung, Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Seit Monaten feilt er mit Vertrauten an dem Papier. Der Auftritt vor Neujahr ist ihm wichtig. Doch dann hat er sich zu einem Vorab-Interview in der Bild-Zeitung hinreißen lassen.

Ob das gutgegangen ist? In dem Blatt plädierte er für mehr Schweinefleisch an allen Schulen und nannte das einen Beitrag für "ausgewogene Ernährung". Nicht über ungesundes Essen, über Antibiotika im Fleisch erzürnte er sich, sondern über eine Irreführung der Verbraucher durch Bezeichnungen wie "vegane Currywurst" oder "vegetarisches Schnitzel". Dieser Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft setzt sehr eigene Prioritäten. Sollte er auch Wert auf die Anerkennung von Ernährungsberatern oder Ärzten legen - er kann es gut verbergen.

Ein bisschen Popularität würde ihm gut tun

Schmidt tut sich gelegentlich schwer mit seinem Amt. Bevor ihn der Rücktritt seines Vorgängers Hans-Peter Friedrich (CSU) im Februar 2014 überraschend ins Landwirtschaftsministerium beförderte, war er Sicherheitspolitiker durch und durch, ein Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, dem man diplomatische Fähigkeiten und Verhandlungsgeschick attestierte.

Doch seit seinem Wechsel ins Ländliche fehlt ihm die Fortune. "An Apple a day, keeps Putin away", kalauerte er auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise. Das sollte deutschen Bauern helfen, die unter dem Importverbot Russlands litten. Denen half es aber nicht, dafür schadete es ihm. Und Schmidt, der Bäckersohn aus Franken, posierte für die "Heute-Show", er hielt dort ein Schild in die Kamera: "Je suis Greußener Salami". Von solchen Nummern abgesehen, blieb der kleine Mann mit den schmalen Augen vielen Deutschen völlig unbekannt.

Popularität würde ihm jedoch eventuell helfen, immer größere Probleme lösen. In Deutschland droht der Streit um Raubbau an Natur- und Tierwelt in der Landwirtschaft zum Gesellschaftskonflikt zu werden. Viele Bauern müssen derzeit auch deshalb ihre Höfe aufgeben, weil die Schweinefleischpreise so gefallen sind. Der Schweinefleischkonsum in deutschen Kantinen geht zurück, weil es aus Rücksicht auf muslimische Schüler und Mitarbeiter seltener angeboten wird - und er wird nicht dadurch ansteigen, dass der Minister bekannt gibt, nichts von veganen Würsten zu halten.

Viel Zeit, seine Bekanntheits- und Beliebtheitswerte zu steigern, bleibt ihm nicht mehr. Dies aber müsste ihm dringend gelingen - Schmidt hat sich schließlich festgelegt. Er würde gerne auch nach der Bundestagswahl im Herbst wieder Minister werden. Und zwar, sagt er, am liebsten Landwirtschaftsminister.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: