US-Wahl:US-Senat fordert Auskunft über Hacker-Angriff

Mike Pence Addresses House Republicans At Party Conference In Washington

Das Kapitol in Washington in der Morgensonne.

(Foto: AFP)

Gleich zu Beginn der neuen Amtsperiode beschäftigen sich die US-Senatoren mit dem Cyberangriff auf die Demokraten und möglichen Folgen für die Wahlen. Donald Trump würde die Sache am liebsten zu den Akten legen.

Von Beate Wild, New Orleans

Der neue amerikanische Kongress ist gerade erst vereidigt, schon rückt der mögliche Einfluss russischer Hacker auf die US-Wahl ganz oben auf die Tagesordnung. Am Donnerstag beginnt der Streitkräfteausschuss des US-Senats seine Anhörung zu den Cyberspionage-Angriffen auf E-Mail-Konten der Demokraten.

Ein Skandal, der, wie die berühmte Watergate-Affäre vor 44 Jahren, mit einem Einbruch in der Wahlkampfzentrale der Demokraten begann - nur dass heutzutage die Einbrecher nicht mehr mit dem Brecheisen kommen, sondern offenbar Tausende Kilometer entfernt sitzen und die Straftat von ihrem Computer aus begehen.

Der Vorfall hatte in den vergangenen Wochen bereits zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Washington und Moskau geführt. Der scheidende Präsident und Demokrat Barack Obama hatte die Ausweisung mehrerer russischer Diplomaten verfügt. Sein Nachfolger, der Republikaner Donald Trump, hatte dagegen beschwichtigt. Aber seine Partei steht in der Frage nicht voll hinter ihm.

Dem Streitkräfteausschuss des Senats gehören nun auch zwei Republikaner an, die vernehmbar Aufklärung über eine mögliche Beeinflussung der Wahlen fordern: Die als Haudegen und russlandkritisch bekannten Senatoren John McCain und Lindsay Graham.

Er stimme "in der Außenpolitik, in der Iran-Frage und in Sachen China mit ihm über ein", sagte Graham über den gewählten Präsidenten Donald Trump. "Russland? Ich habe keine Ahnung, was ihn antreibt."

Donald Trump, der Wahlsieger, hält die Russen in der ganzen Sache für unschuldig. Er fordert immer wieder "nach vorne zu blicken". Am Mittwoch provozierte er mit der Aussage, Wikileaks-Gründer Julian Assange habe erklärt, die E-Mails von Clintons Kampagnenchef John Podesta nicht von Russland erhalten zu haben. Wikileaks hatte die E-Mails während des Wahlkampfes veröffentlicht - wie immer ohne eine Quelle zu nennen. "Ein 14-Jähriger hätte Podesta hacken können", zitierte Trump Assange. Dass ausgerechnet das oft abschätzig als "Verräter"-Plattform bezeichnete Wikileaks vom künftigen Präsidenten glaubwürdiger als die Geheimdienste eingestuft wird, verärgert viele Republikaner.

Die Nachrichtendienste FBI, CIA, NSA und die Heimatschutzbehörde sind inzwischen übereinstimmend der Meinung, dass Russland durch die Cyberattacken gezielt die Wahl zu manipulieren versucht habe. Es gebe keine Zweifel, dass das nicht zufällig passiert sei, sagte NSA-Direktor Michael S. Rogers auf einer Konferenz nach der Wahl. "Das war ein bewusster Akt durch einen Staat, um einen gewissen Effekt zu erzielen." Der erzielte Effekt, von dem er spricht, ist der Wahlsieg von Donald Trump.

Allerdings liefern die technischen Details, die die Experten vorlegen, bislang nur sehr schwache Indizien. Hieb- und stichfeste Beweise, dass wirklich Russland hinter den Angriffen steckt, gibt es keine.

Auch bei der Anhörung am Donnerstag ist nicht zu viel zu erwarten: Mitarbeiter des Direktors der nationalen Nachrichtendienste werden ebenso aussagen wie NSA-Mitarbeiter. Sie werden aber, so erwarten Beobachter, zunächst kaum etwas über mögliche neue Erkenntnisse und Details erzählen.

Das hat damit zu tun, dass am Donnerstagnachmittag US-Präsident Obama den von ihn angeforderten Bericht der Geheimdienste zur Rolle Russlands im Hacking-Skandal erhalten wird. Obama hatte vergangene Woche als erste Konsequenz bereits 35 Diplomaten ausgewiesen und zwei russische Grundstücke auf US-Boden geschlossen.

Am Freitag werden dann der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper, CIA-Direktor John Brennan und FBI-Chef James Comey nach New York reisen, um Donald Trump ein Sicherheitsbriefing zum Thema zu geben.

Erst Anfang kommender Woche soll dann ein Teil des Reports an die Öffentlichkeit gehen. Diesem werden viele entscheidende Passagen fehlen, allerdings dürfte aus den Formulierungen deutlich mehr herauszulesen sein als aus anonymen wie unkonkreten Äußerungen aus Geheimdienstkreisen, die in den vergangenen Wochen die Debatte bestimmten.

Dass der Termin mit Trump erst am Freitag stattfindet, hatte ihn wieder einmal zum lauten (Twitter-)Nachdenken gebracht. Ob man vielleicht "Zeit für eine bessere Beweislage" brauche? "Sehr seltsam!"

In Washington wird schon gemunkelt, ob es sich der künftige Präsident jetzt wohl endgültig mit den Geheimdiensten verscherzt hat. Ein Ruf nach Aufklärung klingt jedenfalls anders. Wie lange das Thema das politische Washington noch beschäftigen wird, ist derzeit unklar. McCain und Graham zogen inzwischen ihren Vorstoß zurück, einen Sonderausschuss zur Untersuchung einzusetzen. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, habe dies abgelehnt.

Ob man indes den Behauptungen der Geheimdienste uneingeschränkt Glauben schenken darf, ist ebenfalls fragwürdig. Kritiker verweisen hier gerne auf die Lügen der Sicherheitsbehörden vor dem Irakkrieg und in der NSA-Affäre. Egal, was in dieser Affäre der Öffentlichkeit präsentiert wird - offene Fragen werden wohl immer bleiben.

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