Oscar-Nominierungen:Viola Davis - Künstlerin mit Symbolkraft

HBO's Official Golden Globe Awards After Party - Arrivals

Viola Davis auf der Party der Golden Globe Awards.

(Foto: AFP)

Sie ist für einen Oscar nominiert. Die Trump-Kritikerin steht gegen Rassismus und Sexismus. Auch wenn sie nicht gern über diese Rolle redet.

Von Jürgen Schmieder

Ein Gespräch mit Viola Davis kommt einem vor, als würde man "Easy" von den Commodores hören. Das liegt an der tiefen Stimme der Schauspielerin und daran, wie sie einzelne Buchstaben hinauszieht - das "a" bei "happy", oder die beiden "oo" bei "good". Vor allem aber liegt es an diesen beiden Sätzen, die sie nach Anekdoten wiederholt und die sich deshalb als Refrain im Gehirn manifestieren: "Mein Leben ist gut. Ich bin glücklich."

Warum sollte Davis auch nicht glücklich sein? Sie ist seit 13 Jahren mit ihrem Kollegen Julius Tennon verheiratet, den sie als ihren besten Freund bezeichnet, mit dem sie drei Kinder erzieht (eine gemeinsame Adoptivtochter und zwei Kinder aus Tennons früheren Beziehungen) und eine Produktionsfirma leitet. Sie gehört außerdem zu den wenigen Künstlerinnen, die sowohl einen Emmy (für die Fernsehserie "How to Get Away with Murder"), einen Tony (für die Theaterstücke "King Hedley II" und "Fences") und einen Golden Globe (für den Film "Fences") gewonnen haben. Kürzlich bekam sie einen Stern auf dem Walk of Fame - und gerade wurde sie zum dritten Mal in ihrer Karriere für einen Oscar nominiert. Aufgrund ihrer wunderbaren Darstellung einer armen Afroamerikanerin im Denzel-Washington-Film "Fences" gilt sie gar als Favoritin.

"Es ging nur ums Überleben - aber wer so arm ist, der muss träumen"

Wer sich mit Davis unterhält, der spricht womöglich auch über das Gemälde des Künstlers Glenn Ligon. Der wiederholt mit schwarzem Grafit auf weißem Untergrund immer wieder die Worte der Schriftstellerin Zora Neale Hurston. Das Gemälde ist ein einziger Refrain: "I feel most colored when I am thrown against a sharp white background" - ich fühle mich dann am farbigsten, wenn ich gegen einen krassen weißen Hintergrund geworfen werde. Die Afroamerikanerin Davis wird derzeit gegen einen krassen weißen Hintergrund geworfen. Wegen der politischen Situation in den USA. Wegen der Protestmärsche gegen Donald Trump. Wegen der Rassismus- und Sexismus-Debatten um vergangene Oscar-Verleihungen.

Und es spricht für die Schauspielerin, auch in diesen Zeiten extremer Kontraste reflektiert Position zu beziehen. Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Golden Globes äußerte sich Davis besorgt über den Zustand der USA, hütete sich dabei aber vor plumpen Anti-Trump-Phrasen. Das Problem des Landes, sagte sie stattdessen, sei größer als er: "Wir alle haben es versäumt, uns zu den wahren Werten dieses Landes zu bekennen. Denn es ist unmöglich, dass wir Amtsträger bekommen, die nicht die Verlängerung unseres Wertesystems sind."

Vielleicht verdanken sich solche Einsichten auch ihrer Vergangenheit. Davis, 51, ist in Rhode Island aufgewachsen, sie war das zweitjüngste von sechs Kindern einer bettelarmen Familie. "Es ging nur ums Überleben - aber wer so arm ist, der muss träumen", sagt sie. "Deshalb haben wir immer so getan, als wären wir reich und berühmt." Aus den Spielereien mit den Schwestern entstand der Wunsch, sich als Schauspielerin zu versuchen. Nicht, um der Armut zu entfliehen, sondern um ihren Freundinnen sagen zu dürfen: "Ich bin jetzt eine Schauspielerin!"

Sie ist eine erfolgreiche Schauspielerin, eine bedeutende Figur der amerikanischen Popkultur und eines der Symbole für Gleichberechtigung. Sie gehört nicht zu den Menschen, die gerne und ausführlich über diese Rolle reden oder sich bewusst gegen einen krassen weißen Hintergrund werfen lassen. Sie will Veränderung selbst herbeiführen. Mit ihrer Produktionsfirma etwa will sie Künstler und Projekte unterstützen, die im bisweilen noch immer engstirnigen Hollywood keine Chance hätten. Sie nennt das "encouraging different voices" - unterschiedliche Stimmen fördern. Klingt wie der Titel eines Soul-Songs.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: