Steuererklärung:Mehr Zinsen als bei jeder Sparkasse

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Wer seine Steuererklärung freiwillig abgibt, dem zahlt das Finanzamt sechs Prozent Zinsen pro Jahr.

(Foto: imago/CHROMORANGE)
  • Wer seine Steuererklärung freiwillig abgibt, kann sich mit einem Trick hohe Zinsen sichern. Die Finanzämter zahlen bis zu sechs Prozent pro Jahr auf Steuererstattungen.
  • Dafür lohnt es sich, die Steuererklärung spät abzugeben. Doch nicht alle Arbeitnehmer können davon profitieren.

Von Felicitas Wilke

Als Schlendrian hat man es nicht leicht. Die Chefin schimpft, weil man zu spät im Büro auftaucht, und das Ordnungsamt verlangt ein Bußgeld, wenn das Knöllchen nicht rechtzeitig bezahlt wurde. Doch es gibt da jemanden, der die trödelnden Zeitgenossen unter Umständen sogar belohnt: das Finanzamt. Wer seine Steuererklärung auf den letzten Drücker abgibt, kann zusätzlich zur Steuererstattung auch noch Zinsen kassieren. Und zwar stolze sechs Prozent pro Jahr.

Nicht alle Menschen hierzulande müssen jedes Jahr ihre Unterlagen zusammensuchen, um eine Steuererklärung abzugeben. Gerade unverheiratete Arbeitnehmer sind dazu oft nicht verpflichtet. Trotzdem darf jeder Steuerzahler dem Finanzamt seine Einnahmen und Ausgaben detailliert mitteilen, um möglicherweise eine Erstattung herauszuholen. In genau diesem Fall können sie zudem auf den üppigen Zinsertrag hoffen, von dem Sparer nur träumen können. "Die Arbeitnehmer, die nicht zur Steuererklärung verpflichtet sind, haben für die Abgabe vier Jahre lang Zeit", sagt Andreas Reichert, Vorstand der Online-Steuerberatung felix1.de. Es reicht also, wenn sie ihre Steuererklärung für 2016 erst am 31. Dezember 2020 einreichen.

Wer früh dran ist, wird eher nichts hinzuverdienen, denn in den ersten 15 Monaten bleibt eine Steuererstattung unverzinst. Wer es hingegen ruhiger angehen lässt, kassiert von April 2018 an 0,5 Prozent pro angefangenem Monat - aufs volle Jahr gerechnet also sechs Prozent. Unterstellt man, dass ein Arbeitnehmer 1000 Euro zu viel an den Staat gezahlt hat und erst im März 2021 sein Geld zurückerstattet bekommt, springen so immerhin 180 Euro Zinsen heraus.

Doch die Sache hat leider nicht nur einen Haken. "Die Zinsen vom Finanzamt gelten als Kapitalerträge und sind steuerpflichtig", sagt Steuerberater Reichert. Von den 180 Euro gehen knapp 30 Prozent an Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer weg. Die Arbeitnehmer müssen die erhaltenen Zinsen in der nächsten Steuererklärung als Kapitalertrag angeben.

Wer nachzahlt, muss allerdings auch sechs Prozent Zinsen draufzahlen

Hinzu kommt, dass der Zinstrick auch umgekehrt funktioniert. Erhält man keine Steuererstattung, sondern soll wider Erwarten Abgaben nachzahlen, muss man dem Staat sechs Prozent Zinsen pro Jahr überweisen. All jene, die ihre Steuererklärung freiwillig abgegeben haben, können sie in diesem Fall wieder zurückziehen. Wer zur Abgabe verpflichtet ist, muss aber nicht nur Zinsen zahlen, sondern auch noch einen Verspätungszuschlag, falls er die Steuererklärung erst nach dem 31. Mai dieses Jahres abgibt.

Hinter den üppigen Ämterzinsen, die seit gut 50 Jahren gelten, steckt eine simple Idee. Wer dem Staat Geld schuldet und die Zahlung hinauszögert, soll den Betrag in der Zwischenzeit nicht anderweitig gewinnbringend anlegen. "Doch diese Abschöpfungsfunktion ist momentan hinfällig, weil man für kein Sparprodukt auch nur annähernd sechs Prozent Zinsen erhält", sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler (BdSt). Ihr Verband kritisiert, dass die Regelung manchen Steuerzahlern schadet und anderen nützt. "Es ist nicht die Aufgabe des Finanzamts, mehr Zinsen zu zahlen als jede Bank", sagt sie. Da die ausgezahlten Zinsen aus Steuergeldern finanziert werden, komme die Gemeinschaft für die Erträge derjenigen auf, die freiwillig und spät ihre Steuererklärung abgegeben haben.

Ginge es nach dem BdSt, dann läge der Zinssatz bald nur noch bei drei Prozent. Das Bundesfinanzministerium plant aber keine Reform, sagt ein Sprecher. Der Zinssatz von sechs Prozent habe sich bewährt - für Steuerforderungen und -erstattungen. Wer keine Steuererklärung abgeben muss, wird sich also weiter vom Finanzamt für seine Bummelei belohnen lassen können.

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