Alarmstarts der Nato:Nato fliegt so viele Alarmstarts wie zuletzt im Kalten Krieg

British Eurofighter EF-2000 Typhoon jets fly over the Gioia del Colle NATO Airbase in southern Italy

Britische Kampfjets vom Typ Eurofighter.

(Foto: REUTERS)
  • Die Nato fliegt deutlich mehr Alarmstarts, bei denen sie vor allem russische Flugzeuge identifiziert.
  • Rund 780 Einsätze gab es im vergangenen Jahr. 2015 waren es nur 410.

Von Jan Schmidbauer

Die deutschen Eurofighter waren gerade erst an ihrem neuen Einsatzort im estnischen Ämari angekommen, als sie schon zu ihrem ersten Alarmstart in die Luft mussten. Eine russische Maschine war ohne eingeschalteten Transponder in den internationalen Luftraum geflogen. Die deutschen Abfangjäger stiegen zum Himmel auf, um es zu identifizieren. Es handelte sich bloß um ein Zivilflugzeug, den deutschen Eurofightern kamen allerdings auch zwei russische Kampfjets vom Typ Su-27 entgegen. Die deutschen Jets identifizierten die drei Flugzeuge und begleiteten sie durch den internationalen Luftraum, bis die Kollegen aus Schweden übernahmen.

Der Vorfall ging glimpflich aus. Doch die Nato ist durch das angespannte Verhältnis zu Russland in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Kampfflugzeuge des transatlantischen Bündnisses haben 2016 so viele Alarmstarts geflogen wie zuletzt im Kalten Krieg. Rund 780 Einsätze zur Identifizierung und Überwachung russischer Flugzeuge gab es im vergangenen Jahr von europäischen Militärbasen aus, sagte ein Sprecher des zuständigen Bündnisstützpunktes in Ramstein der Deutschen Presse-Agentur. Das sind doppelt so viele im Vergleich zum Vorjahr, als Nato-Jets zu 410 Alarmstarts in die Luft stiegen.

Bei den Alarmstarts müssen die Piloten mit ihren Jagdflugzeugen innerhalb weniger Minuten in der Luft sein. Sie stellen dann fest, ob von einem verdächtigen Flugzeug eine Gefahr ausgeht, etwa mithilfe von Sichtkontakt. Notfalls können sie die Flugzeuge mit Gewalt aufhalten. In der Regel gehen diese Vorfälle allerdings glimpflich aus. Oft handelt es sich um zivile Flugzeuge, die aber zunächst als solche identifiziert werden müssen. Russische Jets sind nach Angaben der Bundeswehr häufig ohne aktive Transponder im internationalen Luftraum unterwegs. Laut Flugsicherungsexperten sind viele der russischen Manöver aber legal und verstoßen nicht gegen internationale Regeln.

Seit der Annektierung der Krim durch Russland hat sich auch die militärische Lage im Baltikum verändert. Das sogenannte Air Policing der Nato soll den Luftraum über den drei Nato-Mitgliedsstaaten Estland, Litauen und Lettland sichern. Das Air Policing gibt es bereits seit 13 Jahren. Im Frühjahr 2014 verstärkte es die Nato als Reaktion auf den Ukraine-Konflikt.

Zuletzt gab es allerdings wieder mehr Gespräche zwischen Nato und Russland. Bei einem Treffen des Nato-Russland-Rates Ende März hatten beide Seiten Informationen über jeweilige Truppenverstärkungen ausgetauscht. Die russische Seite informierte über drei neuen Divisionen im westlichen Militärdistrikt, die Nato über die Stationierung von vier Bataillonen im Osten.

Alarmstarts, die nichts mit russischen Flugzeugen zu tun haben, sind in Europa vergleichsweise selten. Im Vorjahr wurden nur etwa 90 Einsätze wegen Militärflugzeugen anderer Staaten oder nicht sofort identifizierbarer Passagier- oder Frachtmaschinen geflogen.

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