Fürstenfeldbruck:Zur Tafel statt zum Supermarkt

Vertreter sozialer Einrichtungen sind sich einig. Die Armut nimmt zu, betroffen sind vor allem Alleinerziehende und Rentner

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Die Zahl der Menschen in finanzieller Not nimmt zu, während die Zahl an Sozialwohnungen weiter sinkt. Das sind die zwei Hauptthemen, die sich beim einem Sozialforum Amper organisierten Treffen von Vertretern sozialer Einrichtungen in Fürstenfeldbrucks nach wenigen Minuten herauskristallisiert haben. Mahr als zwei Stunden lang berichten Vertreter der Caritas, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, kurz KAB, und der Brucker Tafel über ihre Arbeit sowie die Situation und die Zukunft derjenigen Bewohner der Stadt, die kaum genug Geld zum Leben haben. Vor allem Rentner und Alleinerziehende geraten immer öfter in finanzielle Not, das geht aus den Berichten hervor.

Für Alleinerziehende werde es immer schwieriger, eine passende Arbeitsstelle zu finden, die es ihnen erlaubt, den Lebensunterhalt zu bestreiten und sich gleichzeitig ums Kind zu kümmern, erklärt Friedhelm Engelhardt vom Verein Initiative zur Selbsthilfe für Betroffene mit geringem Einkommen. "Für Alleinerziehende ist auch die Wohnungssuche sehr schwierig. Für Alleinlebende ist eine Wohnung finanzierbar, aber eine Familie braucht mehr Platz." Und an Sozialwohnungen herrscht ein eklatanter Mangel, wie Holger Plückhahn von der KAB berichtet. "240 Menschen haben derzeit einen Anspruch auf eine öffentlich geförderte Wohnung", erklärt so Plückhahn. Inoffiziell seien es wahrscheinlich etwa die 300. "23 davon wurden im vergangenen Jahr vermittelt", ergänzt der KAB-Vertreter. Es seien einfach zu wenige Objekte, auf die zu viele Menschen ein Anrecht haben. Einen solchen Anspruch hat, wessen Einkommen einen bestimmten Betrag nicht überschreitet. 114 von ihnen sind obdachlos. Dazu gehören auch Frauen, die eigentlich in Frauenhäusern unterkommen sollten, meint Plückhahn.

Auch anerkannten Flüchtlinge haben ein Anrecht auf eine Sozialwohung. "Zurzeit haben wir 130 bis 140 Fehlbeleger", erläutert Integrationsbeauftragter und Stadtrat Willi Dräxler (BBV). Wie bei Obdachlosen ist deren Unterbringung eine kommunale Aufgabe, die aufgrund des Mangels an Sozialwohnungen kaum zu bewältigen sei. Um die allgemeine Situation zu verbessern, plane die Stadt, das Angebot an gefördertem Wohnraum zu vergrößern, so Dräxler. "Die Stadt versucht, Objekte zu finden."

Bis dahin gibt es nur vorübergehende Lösungen. Von einer Möglichkeit berichtet Christian Sayn von der KAP, einer Beratungsstelle und Unterkunft für wohnungslose Menschen, die von der Caritas organisier wird. Übergangsweise können dort Menschen ohne Wohnung für einen Betrag von 50 Cent pro Nacht unterkommen. "Es nimmt zu mit der Obdachlosigkeit", so Sayn. "Vor allem sind es immer häufiger Menschen aus Osteuropa."

Von einem Anstieg der Kunden berichtet auch Lidija Bartels von der Brucker Tafel. "Monatlich kommen rund 67 Menschen mehr." Vor allem die Zahl der Kinder, die sie versorgen, sei gestiegen. "Viele kinderreiche Familien und alleinerziehende Frauen kommen zu uns." 2016 kamen rund 400 Leute pro Woche, auf das Jahr gerechnet waren es rund 6100. "Und fast 60 Prozent davon sind Rentner."

Eine langfristige Lösung der Probleme findet die Versammlung an diesem Abend nicht. Es geht auch primär darum, sich kennenzulernen, die Arbeitsweise und die allgemeine Situation zu schildern sowie Möglichkeiten zu finden, im Zweifelsfall zusammenzuarbeiten und zumindest kurz- bis mittelfristig Abhilfe zu schaffen. Eine Idee zur Verbesserung der Situation sei die Einführung eines Sozialtickets in Fürstenfeldbruck, findet Sayn. "Es würde 29 Euro im Monat kosten statt 80 Euro." Die Preisdifferenz müssten die Kommunen übernehmen. Caritas, Diakonie und Christenrat wollen dazu eine Petition an den Kreistag vorbereiten.

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