Haar:Eine Ziege für Lady Mayor

Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller war mit einer Delegation in Tansania, um die Partnerschaft der evangelischen Kirche und des Gymnasiums mit Ilembula zu vertiefen. Dabei erlebte sie so manche Überraschung

Von Bernhard Lohr, Haar

Wenn in der Schulküche für Hunderte der traditionelle Maisbrei zubereitet wurde, musste früher als Topf ein ausgedientes Benzinfass herhalten. Das wurde auf drei Steinen platziert und darunter Feuer gemacht. Mittlerweile verfügen neun Grundschulen in Ilembula und Umgebung über Küchen und eigens konzipierte Lehmöfen, die um 100-Liter-Töpfe herumgemauert worden sind. Das Ganze entstand im Zuge einer Kontinente übergreifenden Partnerschaft von Menschen in Haar und dem auf der ärmlichen Bena-Hochebene gelegenen Ilembula in Tansania. Schüler eines Projektseminars am Ernst-Mach-Gymnasium haben es ermöglicht, die Öfen aufzustellen.

Es ist nur ein Projekt einer lange währenden und sich meist im Stillen vollziehenden Zusammenarbeit. Seit etwa 40 Jahren besteht eine Partnerschaft des evangelisch-lutherischen Dekanats München mit der Kirche im Süden Tansanias. Gerade an der Jesuskirche in Haar hat sich daraus ein intensiver Austausch entwickelt, bei dem das Gymnasium längst kräftig mitwirkt.

Soeben waren Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) und die Direktorin des Gymnasiums, Gabriele Langner, mit einer neunköpfigen Gruppe in dem 750 Kilometer westlich von Daressalam gelegenen Ilembula. Jochen Döring ist Vorsitzender des Partnerschaftsausschusses an der Jesuskirche und befindet sich mit seiner Frau Helga noch in dem ostafrikanischen Land. Er berichtet per E-Mail, was für ein "freudiges Wiedersehen mit alten Freunden" er in Ilembula erlebt habe. "Da wird so viel gesungen und getanzt wie im ganzen Jahr in Haar nicht." Natürlich wurde bei dem mittlerweile neunten Besuch auch gearbeitet und Hilfe organisiert.

Dass diesmal mit der "Lady Mayor" von Haar - also Bürgermeisterin Müller - eine offizielle Vertreterin der Gemeinde mit von der Partie war, gab dem Besuch eine besondere Note. "Ich hatte einen Terminkalender, der war so voll wie hier", erzählt Müller. Sie wurde vom evangelisch-lutherischen Bischof empfangen und von Vertretern der Bezirksregierung. Sie habe unendlich viele Eindrücke mitgenommen, erzählt Müller. Alleine wenn sie darauf zu sprechen kommt, was für Gastgeschenke sie bei ihren Terminen in Empfang nahm, kann man es erahnen. Drei lebende Hühner wurden ihr überreicht, eine Ziege, ein Sack voll Erdnüsse und ein Sack Eier. "Ich war schon beim ersten lebenden Huhn überfordert", gesteht Müller.

Bei aller Herzlichkeit war der Hintergrund freilich ernst. Bei Döring hat Müllers Auftreten die Hoffnung genährt, von der Regierung künftig mehr unterstützt zu werden. Ideen gibt es viele. So werden schon Wünsche nach zweiten Lehmöfen für die Schulküchen laut. Müller berichtet von Problemen bei der Stromversorgung und nicht trinkbarem Leistungswasser. Der Bischof habe erzählt, dass in der Trockenzeit Frauen im Fluss so lange graben müssten, bis sie auf Wasser stießen. Döring will Brunnen bohren lassen, wobei er sich von Regierungsseite "zumindest technische Unterstützung" erhofft. Ein "Extra-Thema" ist laut Döring das mangelhaft ausgestattete Ilembula Lutheran Hospital. Dass Haar und Ilembula Standorte großer Krankenhäuser sind, war einst ein Ausgangspunkt für die Partnerschaft. Der frühere Haarer Krankenhausseelsorger Klaus Rückert ist stark engagiert.

Tansania SZ Karte

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Dieses Engagement werden Schüler des Gymnasiums, angeschoben vom Ehepaar Christl und Edwin Busl, sicher weitertragen. Letzterer steht dem Verein Schupa Tansania, Verein zur Förderung der Bildung in Tansania, vor, der infolge vieler Aktivitäten entstanden ist. So bauten Gymnasiasten im Zuge von Projekt-Seminaren einst ein Jugendhaus in Ilembula auf, sammelten Geld für Schülerpatenschaften und schufen ein Haus für die sogenannte Barajas-Gruppe, eine Aids-Selbsthilfegruppe, die Aufklärungsarbeit leistet. Viele Aids-Waisen sind auf sich alleine gestellt.

Die Partnerschaft des Gymnasiums mit einer Secondary School trägt Früchte. So berichtet Müller davon, dass die Schule in einem Bildungsranking einen Sprung gemacht habe. Seit es eine gut funktionierende Schulküche gebe, würden die Leistungen besser. Im August werden Haarer Gymnasiasten in Ilembula helfen, an elf Schulen neue Toiletten zu schaffen. Ein "ganz und gar nicht anrüchiges Thema", wie Döring findet. Die hygienischen Zustände hielten viele Mädchen vom Schulbesuch ab.

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