Ausstieg aus Klimaabkommen:Mit Donald Trump auf globaler Grad-Wanderung

Kohlekraftwerk in Washington

Getrübte Perspektiven: Das Kapitol in Washington umnebelt von den Abgasen eines Kohlekraftwerkes.

(Foto: Jim Lo Scalzo/dpa)

Warum das Pariser Klimaabkommen so wichtig ist - und doch nicht alles daran hängt, dass die USA mitmachen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Von Jan Heidtmann

Das Klimaabkommen von Paris wird bis heute als historische Übereinkunft der Staatengemeinschaft gefeiert. Der Vertrag ist tatsächlich bislang einmalig, doch in der Praxis zeigen sich seine Schwächen. Ein Überblick:

Das Abkommen

Im Dezember 2015 ist es erstmals gelungen, die 195 Mitgliedstaaten der UN-Klimakonvention (UNFCCC) auf die Rettung der Welt einzuschwören. Das zentrale Ziel des Abkommens ist es, den Anstieg der Temperaturen "deutlich unter" zwei Grad zu halten und möglichst auf 1,5 Grad zu beschränken. Dafür sollen die Treibhausgas-Emissionen in den Ländern Stück für Stück auf null sinken. Konkret heißt dies, dass die Staaten darauf verzichten müssten, Kohle, Öl oder Gas zu verbrennen, damit keine Kohlendioxide mehr entstehen. Das Abkommen erfasst indes auch kurzlebigere, aber klimaschädliche Gase wie Lachgas oder Methan.

Zudem hat die Vereinbarung von Paris das Klimaregiment der Vereinten Nationen modernisiert. Seit 1992 galten die klassischen Industrienationen als die Schuldigen am Klimawandel, Schwellenländer wie China, Brasilien oder Indien aber nicht. Inzwischen pustet China aber 20 Prozent der weltweiten Treibhausgase in die Luft. Dass das Abkommen der neuen Realität Rechnung trägt, ist auch der Verhandlungsführung des damaligen französischen Außenministers Laurent Fabius zu verdanken. Ehe sich Widerstand aufbauen konnte, verkündete er das Abkommen am 12. Dezember 2015 als beschlossen.

Wie es funktioniert

Die Vertragsstaaten sollen konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihren Beitrag zum Zwei-Grad-Ziel leisten wollen. So präsentierten 163 Länder bereits zur Ratifizierung des Abkommens im November 2016 ihre Klimaschutzpläne. Was ziemlich gut klingt, hat aber einen großen Haken: Die Beteiligung beruht auf freiwilliger Basis. Kein Land muss zahlen, wenn es gegen seinen Klimaschutzplan verstößt. Da durch die Pläne aber überprüft werden kann, ob einzelne Länder ihre Ziele einhalten, besteht die Hoffnung, dass so automatisch Druck ausgeübt wird. Die Industrieländer sollen dabei ein Beispiel abgeben.

Was es kostet

Ein zentraler Bestandteil ist die Unterstützung ärmerer Länder wie zum Beispiel Bangladesch oder Äthiopien durch die Industrienationen. Damit sollen die Umstellung der Wirtschaft gefördert und die Folgen des Klimawandels abgemildert werden. Schwellenländer wie China können sich an den Hilfen beteiligen, müssen es aber nicht. Um die Ratifizierung des Abkommens 2016 nicht zu gefährden, wurde mit Rücksicht auf die USA keine konkrete Summe genannt. Als Anhaltspunkt gelten jedoch die 100 Milliarden Dollar jährlich, die bereits auf dem Gipfel von Kopenhagen für die Zeit nach 2020 festgeschrieben wurden. 2025 soll eine neue, mindestens so hohe Summe vereinbart werden.

Das Problem ist nur, dass es keinen festen Mechanismus gibt, wie das Geld zusammenkommen soll. Die armen Länder beklagen, dass zu wenig Geld gezahlt werde oder aber bereits vereinbarte Mittel umdeklariert würden. Die USA spielen hier eine wichtige Rolle als Geldgeber. Fallen sie aus, müssten die noch nicht festgeschriebenen Beiträge des Landes zu den jährlich 100 Milliarden Dollar von anderen Staaten getragen werden. Washington hat bereits zwei von drei Milliarden für den "grünen Klimafonds" der Vereinten Nationen gestrichen, mit dem unter anderem die Arbeit des Klimasekretariats der UN finanziert wird.

Was bisher erreicht wurde

Gemessen an dem Zwei-Grad-Ziel kann das Pariser Abkommen als gescheitert gelten. Die Temperatur ist weltweit bereits bis heute um ein Grad angestiegen, Umweltexperten gehen davon aus, dass ein Anstieg auf zwei Grad nicht mehr zu verhindern sein wird. Das liegt auch daran, dass selbst Länder wie Deutschland mit seiner Energiewende immer wieder die gesetzten Ziele unter dem Druck der Bergbau- oder Landwirtschaftslobby aufweichen. Gemessen an dem übergeordneten Ziel, eine weltweite Allianz zum Schutz des Klimas zu schmieden, kann man das Abkommen jedoch als Erfolg werten. Der allergrößte Teil der Staaten hat sich selbst Beschränkungen auferlegt, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu bremsen.

Die Rolle der USA

Neben ihrem Beitrag zu internationalen Schutzabkommen haben die USA auch eine ganz praktische Bedeutung für das Weltklima. Das Land ist der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen, gut 17 Prozent der weltweiten Menge werden von den USA verursacht. Die Zahl ist eigentlich eine gute Nachricht, weil es dem Land in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Emissionen deutlich zu senken. Grund dafür sind insbesondere neue Gas-Fördertechniken wie Fracking. Kohle wurde als Energieträger teilweise verdrängt. Die schlechte Nachricht ist, dass US-Präsident Donald Trump per Dekret den "Clean Power Plan" gestoppt hat.

Darin hatte sein Vorgänger Barack Obama strenge Vorgaben für die US-Industrie formuliert, um die Emissionen gemessen an 2005 bis 2025 um bis zu 28 Prozent zu senken. Der größte Teil der amerikanischen Klimaschutzpolitik wird jedoch ohnehin von den Bundesstaaten betrieben. 37 von ihnen haben sich längst eigene Ziele gesetzt, was den Ausbau erneuerbarer Energien angeht, 19 Bundesstaaten haben eigene gesetzliche Vorschriften, um den CO₂-Ausstoß zu mindern. 2018 will Kalifornien einen eigenen Klimagipfel von Städten, Bundesstaaten und Unternehmen organisieren.

Allianzen abseits der USA

Bislang galt in der internationalen Umweltpolitik die Regel, dass der Klimaschutz immer dann vorankommt, wenn sich die USA und China einig sind. Diese Regel scheint perdu zu sein, auf dem G-7-Gipfel, aber auch bei der Vorbereitung des G-20-Gipfels zeigten sich neue Allianzen. Angeführt werden sie von China, Kanada, von der EU und dort insbesondere von Deutschland. So erklärte der chinesische Regierungschef Li Keqiang am Donnerstag bei seinem Besuch in Berlin, dass China am Klimaabkommen von Paris festhalten werde und dass die Ziele bald in Gesetze gegossen würden. Auch Indien und Russland gaben zu Protokoll, dass sie weiter zum Abkommen von Paris stünden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: