LED-Technik:Tölzer Firma setzt Michelangelo ins rechte Licht

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Die Seebacher GmbH hat in der Sixtinischen Kapelle für eine bessere Ausleuchtung gesorgt. Auch im Berliner Adlon oder im Dresdner Kulturpalast war die Firma am Werk.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Jahrhundertelang herrschte in der Sixtinische Kapelle in Rom Dämmerlicht. Farben und Kontraste der wunderbaren Fresken Michelangelos waren nur schwach zu erkennen. Um die Beleuchtung zu verbessern, hatte man in den Achtzigerjahren an der Außenseite der zwölf Fenster starke Strahler installiert. Sie wurden mit halbtransparentem Plexiglas abgedeckt, um zu verhindern, dass UV-Strahlung die Kunstwerke ausbleicht. Der Energieverbrauch war enorm, die Helligkeit im Innern trotzdem gering. Das hat sich vor knapp drei Jahren geändert: Wer heute die Sixtinische Kapelle besucht, wird von der Farbpracht der Fresken überwältigt. Zu verdanken ist das auch einem kleinen Unternehmen aus Bad Tölz: Die Seebacher GmbH hat die komplizierte Technik entwickelt, mit der 40 LED-Leuchten gesteuert werden. Sie enthalten rote, grüne, blaue und weiße Leuchtdioden, die so eingesetzt werden, dass in der Kapelle gleichmäßiges Tageslicht herrscht.

Seebacher-Geschäftsführer Martin Daller. (Foto: Manfred Neubauer)

Weil LED keine schädigenden UV-Anteile enthält, konnten die Leuchten im Innern der Kapelle angebracht werden; sie befinden sich in einem Sims in zehn Metern Höhe. Entwickelt wurden sie von Osram, das den Auftrag für das EU-Projekt bekommen hat. "Die Steuerung hat sich Osram aber nicht zugetraut und bei uns angefragt", sagt Seebacher-Geschäftsführer Martin Daller. In fast einjähriger Arbeit hat das Tölzer Unternehmen die Steuermodule entwickelt und alles so vorbereitet, dass sie im Vatikan "nur noch zusammengesteckt werden mussten".

Wer heute die Sixtinische Kapelle in Rom besucht, wird von der Farbpracht der Fresken überwältigt. Das war nicht immer so. Die Tölzer Seebacher GmbH hat dazu beigetragen (Foto: Imago/SKATA)

Die Sixtinische Kapelle ist das renommierteste Projekt der Firma Seebacher, die ihren Sitz etwas versteckt auf der Rückseite der Marktstraße hat. Nur ein kleines Schild weist auf die Firma hin. Dass hier Aufträge aus der ganzen Welt bearbeitet werden, würde man nicht sofort vermuten. Die Liste ist lang: Das NS-Dokuzentrum in München, das Hotel Adlon in Berlin, der Konzertsaal des Dresdner Kulturpalasts, der kürzlich nach vier jähriger Bauzeit wieder eröffnet wurde. Auch in Tölz gibt es Projekte: Das spektakulärste dürfte die eMotion-Base auf der Flinthöhe sein; die Firma hat sie zusammen mit dem Tölzer Designer Christian Späth beleuchtet. Auch im neuen Rathaus sorgen die Fachleute für das passende Licht: Im Sitzungssaal bläulich, damit die Stadträte konzentriert arbeiten können; für Empfänge oder entspannte Abendveranstaltungen mehr Rot für ein "Lagerfeuerlicht". Späth entwickelt die Lichtkonzepte, Seebacher setzt sie technisch um. "Entscheidend ist die Funktion, die ein Raum erfüllen muss, und der Mensch, der ihn erlebt", sagt der Designer. In der eMotion Base sei die Lichtsteuerung anspruchsvoll gewesen, erzählt Daller. Nicht nur, weil sie nach außen wie ein buntes Wahrzeichen leuchten soll. Auch innen müssten unterschiedliche Anforderungen erfüllt werden: "Die Putzfrau braucht ein anders Licht als die Meditationsgruppe oder kinesiologische Trainings."

Auch die eMotion-Base in Tölz hat die Seebacher GmbH mit Lichtfinessen ausgestattet. (Foto: Manfred Neubauer)

Seit neun Jahren arbeitet Daller bei Seebacher, seit 2011 ist der 35-jährige Elektromeister Geschäftsführer. Über Licht und seine Wirkung kann er viel erzählen: Über den Blauanteil im Tageslicht zum Beispiel, der den Ausstoß von Melatonin im Gehirn unterdrückt. Das Hormon taktet die innere Uhr: Viel blaues Licht bedeutet wenig Melatonin, bedeutet Wachsein. Wenn Menschen in Altenheimen ganztägig Kunstlicht und Fernseher ausgesetzt sind, der ebenfalls viel blaues Licht ausstrahlt, können sie abends schlecht einschlafen. "Dann läuft die innere Uhr nicht mehr richtig", sagt Daller.

Die Wirkung von Licht auf Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit ist seit Jahrzehnten bekannt, erst mit moderner Steuerungstechnik kann das Wissen auch technisch umgesetzt werden. So hätten Unternehmen erkannt, dass Krankmeldungen und Fluktuation sinken, wenn die Mitarbeiter im richtigen Licht arbeiten, berichtet Daller: Immer häufiger werde deshalb erfasst, ob jemand ein Frühaufsteher oder ein Nachtarbeitertyp sei und das Licht an seinem Arbeitsplatz dann individuell angepasst. Bei Seebacher arbeitet man eng mit der "Hochschule für angewandte Wissenschaften" in München zusammen.

Daller hat auf dem Balkon einen Sensor angebracht, der das wechselnde Tageslicht erfasst, ein Dimmer simuliert es an seinem Arbeitsplatz. "Ein dynamisches Licht ist gut", sagt er. Und was ist das schönste Licht? "Wenn am Meer die Sonne untergeht", findet Späth.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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