Lobbyismus:So verflochten sind Autoindustrie und Politik

Am Mittwoch müssen die Auto-Bosse zum Diesel-Gipfel. Bislang hatten sie aus Berlin wenig zu befürchten, auch dank dieser Seitenwechsler in den Lobby-Büros.

Grafik von Hanna Eiden und Christian Endt

Betrogen hat die Industrie. Es waren die deutsche Autokonzerne, die über Jahre ihre unerlaubt hohen Abgaswerte durch manipulierte Software vertuscht und sich dabei wohl auch unerlaubt abgesprochen hat. Möglich ist dieser Skandal aber nur, weil die Politik den Herstellern seit vielen Jahren den Rücken freihält. Die Bundesregierung verhinderte in Brüssel strengere Grenzwerte und schärfere Kontrollen. Und auch in der Aufarbeitung des Diesel-Skandals zeigen deutsche Behörden bei weitem nicht die Härte wie etwa in Amerika.

Das liegt womöglich auch daran, dass Berlin und die Konzerne personell häufig eng verwoben sind. Immer wieder wechseln Spitzenpolitiker und Regierungsbeamte auf Positionen in der Autolobby. Und manchen gelingt nach einigen gut bezahlten Jahren in der Industrie gar der Sprung zurück in ein Regierungsamt.

Der prominenteste Fall ist Matthias Wissmann: Der heutige Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) war unter Helmut Kohl fünf Jahre lang Bundesverkehrsminister. Ihm gelang also der Wechsel vom höchsten Verkehrspolitiker zum Cheflobbyisten eben jener Industrie, für die er zuvor in der Bundesregierung zuständig war. Dazwischen arbeitete Wissmann noch einige Jahre als Vorsitzender des Wirtschafts- und später des EU-Ausschusses im Bundestag. Ein Kontakt aus seiner Regierungszeit dürfte Wissmann bei seiner Folgeverwendung besonders nützlich sein: Eine Kollegin am Kabinettstisch der Regierung Kohl war die damalige Umweltministerin Angela Merkel.

Gute Beziehungen zur Kanzlerin hat auch Eckart von Klaeden: Der CDU-Politiker war von 2009 bis 2013 Staatsminister im Kanzleramt, bevor er noch im gleichen Jahr Cheflobbyist beim Daimler-Konzern wurde. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelte daraufhin zeitweilig wegen des Verdachts der Vorteilsnahme gegen von Klaeden, stellte das Verfahren aber ein.

Einen Sonderfall stellt Niedersachsen dar: Das Land ist Großaktionär bei Volkswagen, per eigenem VW-Gesetz hat die Landesregierung ein Vetorecht im Konzern. Der Ministerpräsident Niedersachsens sitzt daher in der Regel zugleich im Aufsichtsrat von Volkswagen. Der heutige Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel etwa gehörte als Regierungschef in Hannover von 1999 bis 2003 dem VW-Kontrollgremium an.

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