Profil:Bivsi Rana

Schülerin Bivsi zurück in Deutschland; Bild
(Foto: David Young/dpa)

Nach Nepal abgeschobene und nun wieder zurückgekehrte Schülerin.

Von Ulrike Heidenreich

Es flossen reichlich Tränen am frühen Mittwochmorgen auf dem Flughafen Düsseldorf, kurz nachdem Flug EY023 aufgesetzt hatte. Da war Bivsi Rana hinausgetreten zu den wartenden Freundinnen, den Mitschülern, ihrem Schulleiter und umarmte sie alle. Der Fall der 15-jährigen Gymnasiastin aus Duisburg rührt an. Zwei Monate nach ihrer Abschiebung ist Bivsi mit ihren Eltern aus Nepal zurückgekehrt. In ihre Heimat Deutschland. Ihre Mitschüler haben durch unermüdliche Proteste und Petitionen etwas sehr Seltenes durchgesetzt: dass eine erfolgte Abschiebung rückgängig gemacht wird.

Bivsi war noch 14 Jahre alt, als sie Ende Mai aus dem Unterricht geholt wurde. Der Schulleiter bat sie, ihre Sachen zusammenzupacken. In seinem Büro warteten zwei Beamte des Ausländeramtes. Danach ging es schnell nach Hause zu den Eltern, wenig später saßen alle drei im Flugzeug Richtung Nepal. "Ich hab' mich gefühlt, als wäre ich ein Schwerverbrecher. Meine Eltern taten mir total leid. Die waren fix und fertig", so beschrieb Bivsi die Situation. Weinend und verzweifelt saß das Mädchen da in einem Zimmer in Kathmandu. Dies war vor wenigen Wochen in einem Interview zu sehen, das der WDR per Skype geführt hatte. Eine Sorge der guten Schülerin war da auch: "Ich bezweifle, dass ich hier die Schule schaffe, ich kann nicht so gut Nepalesisch sprechen."

Bivsis Vater war 1998 nach Deutschland gekommen, drei Jahre später die Mutter. Sie waren geflohen vor dem Bürgerkrieg in dem Land, politisch verfolgt wurden sie nicht. Ihr Asylantrag wurde nach jahrelangen Verfahren durch alle gerichtlichen Instanzen abgelehnt. Belastend wirkte sich aus, dass der Vater bei der Einreise einen falschen Namen angegeben hatte - weil er Angehörige in Nepal schützen wollte, wie er sagte.

Die Abschiebung war rechtmäßig, daran gibt es keinen juristischen Zweifel. Die Behörden nutzten jedoch keinerlei Ermessensspielräume, berücksichtigten nicht die Integrationsleistung der Familie. Und unterschätzten, was es für eine Wirkung auf Schüler hat, wenn eine von ihnen aus ihrer Mitte gerissen wird. Denn Kinder müssen sich in der Schule sicher fühlen können. Es erwuchs in diesen Jugendlichen hartnäckiger Widerstand, sie organisierten Benefizkonzerte, immer wieder gab es tränenreiche Szenen, wenn Bivsi aus Nepal per Video zugeschaltet wurde. Sie sammelten 50 000 Unterschriften, holten sich Unterstützung vom Petitionsausschuss und beim neuen NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP). Er sagte: "Bivsi ist in Deutschland geboren und aufgewachsen - sie ist de facto ein deutsches Kind."

Das Mädchen konnte nun mit einem Schüleraustausch-Visum zurück, ihre Eltern dürfen sie aus humanitären Gründen begleiten. In drei Jahren, wenn Bivsi Abitur macht, muss neu verhandelt werden. So lange wohnt die Familie in Duisburg, in der alten Wohnung. Der Vermieter hat sie freigehalten.

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