Autobahn A 8:Privatisierungs-Streit droht erneut zu eskalieren

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Ein Abschnitt der A 8 in Baden-Württemberg in der Dämmerung.

(Foto: Werner Dieterich/imago)
  • Neben den Betreibern der A 1 fordert auch die Betreibergesellschaft eines A-8-Autobahnabschnittes Millionen-Nachzahlungen vom Bund. Das räumte Alexander Dobrindt ein.
  • Zuvor hatte der Verkehrsminister trotz Nachfragen dazu geschwiegen. Das sorgt in Berlin für heftigen Wirbel.
  • Der Vorwurf des Grünen-Sprechers Kindler: Dobrindt "täuscht und verschleiert, wo er nur kann".

Von Markus Balser, Berlin

"Wir geben acht!" - der private Autobahnbetreiber Pansuevia hat sich für den Ausbau der A 8 zwischen Augsburg und Ulm sein ganz eigenes Motto kreiert. Der sechsspurige Ausbau der Autobahn solle ein nachhaltiges Geschäft werden - für alle Seiten, versprach die Tochter der Baukonzerne Hochtief und Strabag zum Start vor ein paar Jahren. Die Unternehmen zahlten, im Gegenzug dürfen sie die Fernstraße 30 Jahre betreiben und bekommen dafür große Teile der Lkw-Maut. Seit zwei Jahren rollt der Verkehr über den erweiterten Abschnitt. Jetzt wird klar, dass die Gesellschaft wohl bei den eigenen Profiten besonders achtsam ist. Per Klage fordert das private Autobahnkonsortium zusätzlich 35 Millionen Euro vom Bund ein.

Lange hatte das Bundesverkehrsministerium zur Frage geschwiegen, ob es neben der Klage über fast 780 Millionen Euro der angeschlagenen A 1-Betreibergesellschaft A 1 Mobil in Norddeutschland weitere Rechtsstreitigkeiten mit privaten Autobahnbetreibern gibt. Nun räumt das Ministerium von Alexander Dobrindt (CSU) einen weiteren Fall ein. Nach dem Scheitern einer Schlichtung habe der Konzessionsnehmer des A-8-Teilstücks zwischen dem Autobahnkreuz Ulm-Elchingen und der Anschlussstelle Augsburg West Klage beim Landgericht eingereicht, erklärt Staatssekretär Enak Ferlemann in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Der Grund seien unterschiedliche Auffassungen bei der Bauleistung, teilt ein Hochtief-Sprecher mit. Im Klartext: Die Betreiber und der Bund streiten darüber, ob Steuerzahler für bestimmte Bauarbeiten Millionen nachzahlen müssen.

In Berlin verursacht die Klage heftigen Wirbel. Dass die Bundesregierung selbst in kürzlich einberufenen Sondersitzungen der Bundestagsausschüsse für Verkehr und Finanzen das neue ÖPP-Problem bislang verschwieg, erzeugt bei der Opposition großen Ärger. Eingereicht wurde sie nach Angaben aus Kreisen des Konsortiums bereits im Mai. Ein Schiedsverfahren war Ende des Jahres gescheitert, eine einvernehmliche Lösung damit geplatzt.

Der nun schon seit Wochen andauernde Streit über öffentlich-private Partnerschaften droht damit, nochmals zu eskalieren. "Trotz des großen Skandals um ÖPP-Projekte hat das Verkehrsministerium nicht von sich aus den Bundestag informiert, sondern erst auf mehrfache Nachfrage diese bisher dem Parlament unbekannte Klage gegen den Bund eingeräumt", sagt der Haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler. In der Bundestagssitzung Anfang September konnte Alexander Dobrindt dazu noch keine Angaben machen. Das sei eine "Unverschämtheit" und zeige die verächtliche Haltung Dobrindts gegenüber dem Parlament. Der Minister "täuscht und verschleiert, wo er nur kann, damit die volle Wahrheit nicht ans Licht kommt und er sich über die Bundestagswahl retten kann", klagt Kindler. Der Vorfall mache klar, dass öffentlich-private Projekte demokratisch nicht zu kontrollieren seien.

Ärger löst die Klage nicht nur bei der Opposition aus, sondern auch bei der öffentlichen Straßenbauverwaltung. Für geradezu absurd hält die bayerische Autobahndirektion, gegen die sich die Klage formal richtet, den Vorstoß. "Wir sehen überhaupt keine Basis für die Forderungen", sagt ein Sprecher. Für November ist den Angaben zufolge ein erster Verhandlungstermin zwischen dem Unternehmen und der Autobahnverwaltung anberaumt.

Der Rechtsstreit nährt erneut Zweifel an der größeren Effizienz öffentlich-privater Projekte. Vor allem in den Bundesländern, die derzeit noch für die Autobahnplanung zuständig sind, bis der Bund sie in den nächsten Jahren mit einer eigenen Autobahngesellschaft übernimmt, wachsen die Zweifel an Kooperationen mit der Wirtschaft. Ziel solcher Projekte sei es ja gerade, Risiken beim Bau an Unternehmen zu übertragen, heißt es aus einer Landesbehörde. Offenbar versuche manches Unternehmen jedoch, eigene Zusatzkosten auf den Steuerzahler abzuwälzen, heißt es weiter.

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