Kriminalität:Die Blamage des Joachim Herrmann

Bayerns Innenminister Herrmann

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann musste bei einer Kriminalitätsstatistik zurückrudern.

(Foto: dpa)

Bayerns Innenminister hat mit seinen falsch interpretierten Zahlen zu Sexualdelikten und Flüchtlingen Hysterie geschürt. Dabei wäre gerade jetzt ein rationaler Umgang mit dem Thema wichtig.

Kommentar von Sebastian Beck

Zwei Monate noch, dann soll Joachim Herrmann nach Vorstellung der CSU als Bundesinnenminister vereidigt werden. Die Pressekonferenz, die Herrmann vergangene Woche zum Thema Kriminalität in Bayern gab, war allerdings alles andere als eine geglückte Bewerbung.

Sein Auftritt war gleichermaßen blamabel wie politisch gefährlich. Herrmann ließ sich anscheinend auf Geheiß von Regierungschef Horst Seehofer in eine schlampig vorbereitete Show zur bayerischen Sicherheitspolitik hineinjagen. Dabei brachte er Zahlen zu Sexualstraftaten durcheinander. Einem Minister darf das nicht passieren - schon gar nicht bei einem solch sensiblen Thema und noch dazu wenige Tage vor der Bundestagswahl.

Tatsächlich ist die Materie äußerst kompliziert. Laut Innenministerium ist die Zahl der "Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen im besonders schweren Fall" im ersten Halbjahr 2017 um 48 Prozent auf 685 gestiegen. Das ist schlimm genug, auch wenn ein Hauptgrund für die Zunahme offenbar Änderungen im Strafrecht vom 10. November 2016 sind. Unbestritten bleibt allerdings, dass der Anteil der Flüchtlinge an den Verdächtigen mit 126 Personen auffällig hoch ist.

Unter den Zehntausenden, die in Bayern Schutz gesucht haben, sind auch viele mit inakzeptablen Einstellungen: Eine im Sommer vorgestellte Studie der Hochschule Regensburg ergab beispielsweise, dass unter Syrern, Irakern, Eritreern und Afghanen antisemitische Haltungen weit verbreitet sind. Judenhass ist aus guten Gründen ein absolutes politisches Tabu in Deutschland. Es wäre naiv zu glauben, dass ein paar Stunden politischer Unterricht in der Sammelunterkunft ausreichen, um solche Denkmuster aufzubrechen.

Um so wichtiger aber ist ein rationaler Umgang der Politik mit den Problemen. Dazu gehört, dass man Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt, das Klima des Misstrauens gegen Flüchtlinge, das gerade in Hysterie umschlägt, aber nicht zusätzlich mit falsch interpretierten Daten schürt. Diese nützen nur der AfD.

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