Paläö-Klimatologie:Der Untergang

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Das Ptolemäische Ägypten war ein mächtiges Reich, in dem die Große Bibliothek und der Leuchtturm von Alexandria erschaffen wurden. Über die Gründe seines Untergangs rätseln die Forscher. Paläo-Klimatologen glauben jetzt: Vulkanausbrüche waren schuld.

Von Christian Weber

Das Ptolemäische Ägypten war ein mächtiges Reich und eine der glanzvollsten Epochen der Antike. Es wurde gegen 305 vor Christus infolge der Eroberungen Alexanders des Großen gegründet und endete mit dem Suizid Kleopatras 30 vor Christus. In dieser Zeit entstanden die Große Bibliothek und der Leuchtturm von Alexandria, mit womöglich bis zu 160 Metern Höhe eines der sieben Weltwunder der Antike. Und dennoch wurde dieses Reich immer wieder von Revolten erschüttert, über deren Ursachen die Historiker bis heute spekulieren. Nun haben unter anderem Paläo-Klimatologen eine neue Antwort auf diese Frage gefunden. Sie lautet: Die Vulkane waren schuld - zumindest teilweise!

Das interdisziplinäre Team um den Historiker Joseph Manning präsentiert in der neuesten Ausgabe des Fachmagazins Nature Communications eine lange, aber plausible Indizienkette. Sie beginnt im 20. Jahrhundert, für das die Klimatologen unter den Studienautoren prinzipiell nachvollziehen können, wie Vulkanausbrüche in dieser Periode die Niederschlagsmengen in der Region vom Sahel bis Äthiopien reduzierten, sodass die Quellen des Weißen und des Blauen Nils spärlicher sprudelten. Der Grund: Schwefelhaltige Gase aus den Ausbrüchen formen sich zu Aerosolen, die solare Strahlung reflektieren. So wird es kälter am Boden, es kommt zu weniger Verdunstung über den Wasserflächen, der Regenfall nimmt ab. Die Abkühlung hat in manchen Fällen wahrscheinlich auch die Windverhältnisse verändert, sodass weniger Monsunwolken zu den Nilquellen getrieben werden.

In einem weiteren Schritt konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass dieser Mechanismus vermutlich auch zur Zeit des Ptolemäischen Reiches gewirkt hat. So kennt man sehr genau die historischen Pegelstände des Nils, die seit 622 vor Christus mit sogenannten Nilometern an mehreren Orten gemessen und registriert wurden. Wie sich zeigte, korrelieren Niedrigstände des Flusses zeitlich exakt mit Vulkanausbrüchen, deren Daten man aus historischen Berichten und stratigrafischen Analysen ebenfalls rekonstruieren kann.

Historiker sollten sich mehr für den Einfluss der Umwelt interessieren

Beim Abgleich dieser Umweltdaten mit den Texten der Geschichtsschreiber sieht man, dass es infolge der Vulkanausbrüche zu den besagten gesellschaftlichen Unruhen kam. Auch war das Reich in seiner Kriegsführung beeinträchtigt, was letztlich womöglich sogar zum Niedergang der Ptolemäer beitrug und zur Unterwerfung durch die Römer.

Das alles sei nicht überraschend, sagt Joseph Manning, "die alten Ägypter waren in ihrer Landwirtschaft ja fast vollständig von den Sommerfluten des Nils abhängig, die wiederum vom Monsun in Ostafrika bedingt waren". Eher sei es verwunderlich, dass viele Historiker immer noch den Einfluss von Umweltveränderung auf den Lauf der Geschichte unterschätzten. Ein Faktor, der in Zukunft noch wichtiger werden dürfte.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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