Jazz aus der Region:"Das macht halt extremst Spaß"

Jazz aus der Region: Die nächste Ebersberger Jazzgeneration, der "Youngsters Music Club" von Josef Ametsbichler, präsentiert heiter einige Standards.

Die nächste Ebersberger Jazzgeneration, der "Youngsters Music Club" von Josef Ametsbichler, präsentiert heiter einige Standards.

(Foto: Christian Endt)

Kleine und große Feuer der Leidenschaft erleuchten das "Kaleidoskop" beim Jazz-Festival

Von Ulrich Pfaffenberger, Grafing

Wie man es auch dreht und wendet, wie man es kippt und schüttelt: Ein Kaleidoskop zeigt dem Betrachter stets vieldeutige Bilder. Genauso verhält es sich mit den Instrumenten und den Musikern, die das Format "Jazz" befüllen: Entscheidend für die Wahrnehmung ist das, was im Ohr ankommt, und wie es gedeutet wird. Unter diesem Vorzeichen war die Namenswahl "Local Jazz - Kaleidoskop" für den dritten Festivalabend von EBE-JAZZ glücklich gewählt. Wobei einer dem "Gehäuse", in das die Besucher der Grafinger Stadthalle am Dienstabend hineinhorchen durften, eine charakteristische Form gab: Josef Ametsbichler, der nimmermüde Inspirator der hiesigen Jazz-Szene, dessen Schüler und Freunde da auf der Bühne standen und denen er Begleiter und Bandleader war.

Drei Konzerte in einem waren es, was das fast voll besetzte Haus erlebte. Zunächst ein Set von sechs entspannt-heiteren Nummern des musikalischen Nachwuchses im Youngsters Music Club. Dann die Jazzperados, ein Quintett erwachsener Musiker im Neben-Nichterwerb, Gelegenheit mach Jazz-Liebe, die sich für das zweite Set ein Stelldichein mit Sängerin gaben. Sowie zu guter Letzt die neu formierte Festival-Bigband alter, nichtsdestoweniger soundkräftiger Hasen, die der Halle das Dach weg und dem Publikum den Gehörgang durch bliesen. Allein diese Mischung war schon den Abend wert und würde andernorts das ganze Festival tragen. Was, vorweg notiert, die kenntnisreiche Zuhörerschaft wohl auch so sah und sich zu höchst intensivem Applaus hinreißen ließ.

Der Reihe nach. Auf die immer wieder gern und heiß diskutierte Frage über den redlichen Umgang mit "Standards" in einer ewig sich neu entwickelnden Stilrichtung wie dem Jazz gaben die Youngsters eine glaubwürdige, fast schon zwingende Antwort: Die Standards sind die Muttermilch der nächsten Generation, ohne die ein Wachsen, Gedeihen und späteres Verwandeln nicht möglich ist. Das behutsam und unverschnörkelte "Besame mucho", das "Moliendo Cafe" oder "Miserlou" von Dienstagabend: Sie sind nicht nur irgendein Stück, sie sind einer Antonia am Saxofon und einer Johanna an der Gitarre, einem Franz am Akkordeon oder einem Simon am Klavier das, woraus sich alles weitere entwickeln wird - und zugleich, in ein paar Jahren, die Erinnerung an jenen ersten Auftritt, der das Leben verändert hat. Dass dabei ein paar ältere Jazzer den noch nötigen Rückhalt geben, geschenkt, selbst wenn's in zwei Fällen die eigenen Väter sind. Dass dabei aber auch noch einer vom Format Ametsbichler die Wiege schaukelt: Wenn das kein Ansporn ist.

Was daraus werden kann, wenn die Begeisterung für Jazz auf guten Nährboden fällt und einen nicht mehr loslässt, das spiegelten die Jazzperados mit ihren Interpretationen von Duke Ellington, von Joe Coltrane, von Nat King Cole - jeder für sich in eleganten, erfrischend uneitlen Soli und alle zusammen in einer exzellenten Ensembleleistung. Dazu die Stimme der hinreißend beswingten Gudrun Voith, die gleich zu Beginn des Sets mit einer angeregten Variation von "Shadow of your smile" den Maßstab für die folgenden 40 Minuten setzte. Fein temperiert ist diese Musik, lustvoll und berauschend, jedes Stück hat seinen eigenen Atem, jeder Ausklang setzt einen Akzent ins musikalische Gedächtnis der Anwesenden und weckt den Wunsch auf den nächsten. Kaleidoskop eben.

Dass Josef Ametsbichler für das Big-Band-Set dann mit einem Fußball unterm Arm am Pult erschien, mag den einen oder anderen zunächst verwirrt haben, was sich indes in Wohlgefallen auflöste, als "one, two, three" die Sportstudio-Fanfare erklang, das jahrzehntelang inhalierte Signal zur samstagabendlichen Stadion-Freude, wobei in Grafing nicht das Leder den entscheidenden Kick erhielt, sondern die Musik. Entweder war des Bandleaders Anmerkungen zur geringen Zahl der Proben ein Understatement oder ein Kompliment an sein Team: In dieser Qualität hat die Bigband das Zeug, ein musikalisches Aushängeschild des Landkreises zu werden. Verbunden mit einigen exquisiten Soli - Joachim Jann mit der tanzenden Klezmer-Klarinette, Mathias Engl mit schwebenden Trompeten-Klängen, Frank Haschler mit jugendlichem Drive am Schlagzeug oder Moritz Fischer, der sein Bariton-Sax für einen beherzten "Mr. Bojangles" zur Seite legte - ergab sich eine Glanzstunde des Bigband-Jazz, "Great Ballroom" durch und durch, Count Basie, Herb Alpert, Duke Ellington. Dem Saal glühten die Ohren, was Ametsbichler zu dem emotionalen Ausbruch "Das macht halt extremst Spaß" veranlasste und, angesichts des noch schmalen Repertoires der Truppe, zu dem Versprechen: "Weiter geht's 2019." Wir warten darauf.

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