FC Bayern in der Champions League:Wenn sogar Arjen Robben grätscht

Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Pizza also. So sieht der Ernährungsplan aus, wenn ein Fußballlehrer Ernährungsberater für überbewertet hält. Das hatte Jupp Heynckes gesagt. Wichtiger als was auf den Tisch kommt, ist dem neuen und altbekannten Trainer des FC Bayern, dass sich die Spieler gemeinsam an einen Tisch setzen. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Was sie dann essen, ist egal, zumindest fast. Thiago Alcántara spazierte am Mittwochabend nach dem lockeren 3:0-Sieg in der Champions League gegen Celtic Glasgow aus der Arena mit einer Pizzaschachtel, aus der es noch dampfte, darauf lag ein Wrap und darüber noch ein Salat.

Mit einem gemeinsamen Essen kurz vor Mitternacht wurde es zwar nichts mehr. Aber zumindest hatte der spanische Mittelfeldspieler auf dem Weg nach Hause eine Mahlzeit dabei, die nicht jeder aufgeklärte Trainer gutheißen würde.

Die Mängel des Bayern-Spiels werden offensichtlich

Der Spaß, die gute Stimmung und der Frohsinn, sie gehen erst einmal weiter beim FC Bayern. Zwei Siege, 8:0 Tore - so lautet die Bilanz von Heynckes nach zwei Spielen. Der Erfolg gegen Celtic hätte auch noch höher ausfallen können, sogar müssen, wie der Trainer meinte. Aber wichtiger noch als die Tore war ihm etwas ganz anderes. Er lobte ausdrücklich Sven Ulreich dafür, dass er in der Schlussphase noch zwei Bälle abgewehrt und die Münchner so vor einem Gegentor bewahrt hatte. "Das hat er überragend gemacht", hob Heynckes hervor. Doch es gefiel ihm überhaupt nicht, dass die Schotten in der Schlussviertelstunde dem 1:3 näher waren als seine Mannschaft dem vierten Tor.

Der mühelose 3:0-Sieg hat deshalb gleichzeitig sehr gut den Blick in die Mängel des Bayern-Spiels geöffnet. "Da haben wir zu viel zugelassen", kritisierte Heynckes im ruhigen Tonfall: "Du musst immer zu null spielen. Das hat Priorität." Und dann fügte er einen Satz hinzu, der seine Arbeit für die kommenden Wochen skizzieren sollte: "Wenn wir sehr erfolgreich sein wollen, müssen wir einige Dinge noch verändern." Viele Details. Ins Detail gehen wollte er vor den Spielen gegen Hamburg, zweimal Leipzig, Glasgow und Dortmund aber nicht. Nicht öffentlich: "Das mache ich dann mit meinen Spielern."

Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Selbstkritik hat sich bereits auf sein Team übertragen. "Es ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen", wie es Sportdirektor Hasan Salihamidzic ausdrückte. Die Spieler, die hinterher vor die Reporter traten, lobten die erste Hälfte mit den schön herausgespielten Toren von Thomas Müller (17.) und Joshua Kimmich (29.). Auch die zweite Hälfte begann, wie es sich ein Trainer wünscht: mit einem schnellen Treffer. Mats Hummels köpfelte den Ball zum 3:0 ins Tor (51.).

Aber so richtig zufrieden war keiner ob der Darbietung danach, weil allen klar war, dass das Spiel gegen Celtic eher keine seriösen Rückschlüsse für einen echten Stresstest zuließ. "Wir werden erst nach den Spielen gegen Leipzig und Dortmund sehen, wo wir stehen", sagte Kimmich. In der Tat gab es in der zweiten Hälfte Phasen im Spiel, in denen die Bayern den Schotten ein ums andere Mal mit Fehlpässen zu leichten Torabschlüssen verhalfen. "Wir müssen noch einiges verbessern und dürfen nicht zufrieden sein", sagte Arjen Robben.

Robben lebt vor, was Heynckes will

Jupp Heynckes will das Spiel in den kommenden Wochen wieder vereinfachen, er will weg vom ständigen Systemwechsel, schon gar nicht würde er die taktische Grundordnung innerhalb von wenigen Minuten verändern, wie es Pep Guardiola praktiziert hat. Der 72-Jährige hält an einer 4-2-3-1-Formation fest. Er will weder seine Spieler noch seinen Gegner mit ständigen Rochaden verwirren. Er will, dass jeder Profi verteidigt und jeder Profi nach vorne spielt.

So wie Robben. Der Niederländer lebt vor, was Heynckes sehen möchte. Einmal bekam der 33-Jährige Szenenapplaus für eine Grätsche, die sogar Jürgen Kohler gefallen hätte, dem Vorstopper der Nation. "Wahnsinn" fand Robben sie selbst. Es sind diese Kleinigkeiten, die Heynckes wichtig nimmt. Er will das Spiel nicht revolutionieren, er hält sich an die Sachen, die auch schon zu seiner Zeit als Spieler bedeutsam waren: Fleiß, Disziplin und Mannschaftsgeist.

Wer das altmodisch findet - wie das Handyverbot, das Heynckes seinen Spielern beim Essen auferlegt hat -, sollte genauer Robben zuhören, der das alles für eine gute Idee hält: "Diese Chemie, diese Zusammenarbeit auf und neben dem Platz ist wichtig. Du musst nicht mit zehn oder 22 Spielern befreundet sein. Aber wir müssen voneinander wissen, dass wir uns auf einander verlassen können."

Der neue FC Bayern folgt einem alten Leitbild, das so wahrscheinlich auch Sepp Herberger nicht anders vorgegeben hätte. Aber es tut den Spielern gut, denn sie wissen nach dem eher lässigen Stil von Carlo Ancelotti wieder, was sie dürfen und was nicht. Pizza ist okay, aber die Schachtel anschließend in der Kabine liegen lassen strengstens verboten. Heynckes stellt klare Regeln auf und macht aus einer Mannschaftsaufstellung kein Geheimnis, keine Wissenschaft. Die Rotation ist weitgehend abgeschafft. Aber vielleicht sollte Jupp Heynckes durchaus mehr Veränderung wagen. Es wäre nämlich interessant zu erfahren, wie sich Arjen Robben als rechter Außenverteidiger schlagen würde. Als solcher hat er sich mit seiner Grätsche nämlich ins Spiel gebracht.

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