Streit mit US-Senatoren:Eine große Meuterei gegen Trump wird es nicht geben

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Sicherheit bei jeder Wetterlage: Klebestreifen halten die Krawatte des US-Präsidenten Donald Trump zusammen. (Foto: imago/ZUMA Press)

Wenn ein paar Senatoren dem US-Präsidenten von der Fahne gehen, so schwächt ihn das kaum. Denn das Gros der Partei hat sich - schon aus Selbstsucht - an ihn gekettet.

Kommentar von Hubert Wetzel, Washington

In diesen finsteren Zeiten der Trump-Herrschaft ist es immer erfreulich, jemanden zu sehen, der sich etwas Vernunft, Anstand und Würde bewahrt hat. Donald Trump und seine Hintersassen haben mit ihrem bitteren, paranoiden Nationalismus, der mehr der Furcht vor einer sich verändernden Welt entspringt als dem Stolz auf ein großes Land, zuerst die Republikanische Partei vergiftet; jetzt vergiften sie Amerika. Insofern ist es eine patriotische Tat, wenn der republikanische Senator Jeff Flake nun die Brocken hinschmeißt und im November kommenden Jahres nicht zur Wiederwahl antritt. Er habe, sagt Flake, genug von Trump; genug von den Lügen und Unverschämtheiten, genug von dem Chaos, dem Hass und der Hetze, die der Präsident verbreite und die Amerikas Demokratie zerstörten. Weiter für die Republikaner im Senat zu sitzen, würde ihn zum Komplizen machen.

Ein ehrenhafter Mann also. Wer jetzt aber glaubt, da beginne eine große Meuterei gegen Trump, dürfte enttäuscht werden. Die Wahrheit ist: Die Republikaner haben 52 Senatoren und 239 Abgeordnete im Kongress. Und bis auf eine Handvoll stehen die Parlamentarier hinter Trump. Viele mögen den Präsidenten nicht, manche verachten ihn sogar. Aber sie halten öffentlich zu ihm, und sie stimmen, abgesehen von Ausnahmen, für seine Politik.

Auch der Rebell Flake taugt nur bedingt zum heldenhaften Kämpfer gegen Trump. Auch er hat im Senat in neun von zehn Fällen für Trumps Gesetze votiert. Und er ist nicht ganz ehrlich, wenn er nun mit Pathos verkündet, er verzichte aus Protest auf die Wiederwahl. Tatsächlich hätte Flake wohl die parteiinterne republikanische Vorwahl nächstes Jahr verloren - eben weil er sich gegen den Präsidenten gestellt hat. Stephen Bannon, Trumps Mann fürs Grobe, der allen amtierenden republikanischen Senatoren den "Krieg" erklärt hat, weil er sie für politisch unzuverlässig hält, hatte bereits eine Gegenkandidatin ausgesucht. Durch seinen Verzicht beugt Flake einer demütigenden Niederlage vor; der vermeintlich freiwillige Rückzug ist eher eine erzwungene Flucht vor Trump, vor Bannon und dessen gnadenloser Propagandapeitsche Breitbart - und vor den eigenen Wählern.

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Das Gros der Partei hat sich an Donald Trump gekettet

Damit ist man bei einer zweiten Wahrheit, die jede Hoffnung auf einen Aufstand der Aufrechten in der Republikanischen Partei zumindest dämpft: Der Präsident genießt bei seinen Anhängern immer noch enormen Rückhalt. Sie haben Trump nicht gewählt, weil ihnen das russische Trolle bei Facebook eingeflüstert haben, sondern weil sie tatsächlich eine andere Politik wollten. Und die haben sie bekommen. Die Lage ist so deprimierend wie einfach: Sehr viele Amerikaner mögen Trump, weil er genau das tut, was jene Bürger fordern, die ihm seine Stimme gegeben haben. Vielleicht twittert er für ihren Geschmack zu viel, vielleicht ist er etwas zu ruppig und spalterisch. Doch wenn am Sonntag wieder US-Präsidentschaftswahl wäre - es gäbe keine Garantie, dass sie nicht so ausginge, wie vor einem Jahr: mit Trump als Sieger.

Es ist deswegen kein Zufall, dass die wenigen Republikaner, die sich Trump überhaupt öffentlich widersetzen und ihm die Gefolgschaft aufkündigen, am Ende ihrer Karrieren stehen. Leute wie Jeff Flake und seine Senatskollegen Bob Corker und John McCain haben nichts zu verlieren, erst recht nicht Altpräsident George W. Bush, der vor Kurzem eine Rede gegen Trump und den Trumpismus hielt. Doch der Rest der Partei hat sich an Trump gekettet und trottet hinter ihm her.

Nun könnte man einschränkend anmerken, dass das nicht so bleiben muss. Man kann an Flakes Rückzug nicht nur sehen, wie es einem Gegner Trumps ergeht, man kann auch den Umkehrschluss ziehen: In dem Moment, in dem Trump für seine Verbündeten im Kongress eine Belastung wird, ein Faktor, der ihre Wiederwahl gefährdet, werden sie ihm von der Fahne gehen. Es gibt verschiedene Gründe, warum die Mehrheit der Republikaner Trump derzeit folgt - persönliche Loyalität gehört bei den meisten nicht dazu. Das macht die Kongresswahl in einem Jahr so entscheidend. Sie ist die erste große Abrechnung der Bürger mit der Ära Trump. Und es ist möglich, dass bis dahin genügend Wähler den Präsidenten und das Desaster, das er anrichtet, satt haben. Gewinnen die Demokraten diese Wahl, sieht die Lage ganz anders aus.

Aber eben nur, wenn sie gewinnen.

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Von Beate Wild

Bis dahin gilt eine sehr ernüchternde Erkenntnis: Senator Jeff Flake, ein makelloser Konservativer, der nicht mehr erträgt, wie sein eigener Präsident das Land kaputt macht, muss aufgeben. Das ist ein großer Sieg für Donald Trump und eine spektakuläre Niederlage für all jene, die an die Werte und Ideale glauben, die Amerika in Wahrheit groß gemacht haben.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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