Profil:Christian Jankowski

Lesezeit: 2 min

Konzeptkünstler, der den "Tatort" aus Münster zur Skulptur erklärt.

Von Peter Richter

Wenn am Sonntag im Ersten der quotenstärkste aller "Tatorte" läuft, nämlich der aus Münster, dann wird natürlich wieder Axel Prahl den Hauptkommissar Thiel spielen und Jan Josef Liefers den pathologischen Pathologen Prof. Boerne, viel vom schönen Münster wird es zu sehen geben sowie Dünkel in den besseren Kreisen, und ganz heiter wird es sicher auch. Denn wenn man sich auf irgendetwas verlassen kann, dann ja wohl auf den "Tatort" aus Münster.

In "Gott ist auch nur ein Mensch" (Regie: Lars Jessen) wird es unter den Verdächtigen diesmal allerdings auch ein Gesicht geben, das man nicht aus dem Fernsehen kennt, dafür aber aus der Welt, von der dieser Tatort handelt: der Kunst.

Christian Jankowski, 1968 in Göttingen geboren und heute mit Atelier in Berlin und Professur in Stuttgart, hatte sich die Rolle extra ins Drehbuch schreiben lassen - als seinen künstlerischen Beitrag zur diesjährigen Ausgabe der Großausstellung "Skulpturen Projekte" Münster, die alle fünf Jahre von Kasper König organisiert wird. Als Jankowski nun zur letzten Ausgabe eingeladen worden war, habe er sich die Frage gestellt, wofür Münster heute eigentlich am ehesten berühmt ist. Er kam eben auf die "Skulpturen Projekte" - und auf den "Tatort" mit Boerne und Thiel.

Stufe eins seines Konzeptes bestand folglich darin, beides in einer Elefantenhochzeit endlich einmal zusammenzubringen. Mit dem in Köln bestens vernetzten Kasper König fuhr er zum WDR. Letztlich ist es ihm nun zu verdanken, dass die Drehbuchschreiber Christoph Silber und Thorsten Wettcke das alle fünf Jahre in Münster einfallende Kunstvolk mit seiner sehr speziellen Sprache als Gegenstand in den Blick nahmen. Stufe zwei bestand darin, dass er sich in diesem Film selber spielt, leider darf Jankowski in seiner Rolle als Jankowski nicht Jankowski heißen, aber immerhin innerhalb des Films Jankowski sein, also Konzeptkünstler. Also: ein Typ, der nicht nur Kommissare zum Kopfkratzen nötigt.

Jankowski ist einer der bekanntesten, womöglich einer der besten, ganz sicher aber einer der medienbegeistertsten Konzeptualisten. Er hatte etwa zu Beginn seiner Karriere italienische Fernsehwahrsagerinnen befragt, ob sein Auftritt auf der Biennale von Venedig ein Erfolg werde, was er dann, dank der Aufnahmen von den Wahrsagerinnen, prompt wurde. Und 2001 erlaubte er dem Regisseur Lars Kraume bereits ein paar frühe Aktionen von ihm, Jankowski, in dem Film "Viktor Vogel - Commercial Man" zu verwerten, darunter die berühmt gewordene Jagd auf Lebensmittel im Supermarkt mit Pfeil und Bogen. Im Gegenzug mussten Götz George und die anderen Darsteller aus ihren Rollen heraus für Jankowski kunsttheoretische Statements abgeben.

Stufe drei von Jankowskis Münsteraner Arbeit besteht nun darin, dass er am Ende den "Tatort" komplett und wörtlich einsackt und aus dem Film heraus zum Kunstwerk von Christian Jankowski erklärt. Das ist einerseits natürlich nur eine Behauptung, andererseits sind diese Behauptungen ein klassisches Prinzip der Kunst.

Dem WDR, der sich immerhin ja ganz mutig auf Jankowski eingelassen hatte, scheint zumindest Stufe drei seines Kaper-Projektes jetzt doch nicht mehr so recht zu sein. Dass dieser "Tatort" im Rahmen der "Skulpturen Projekte" Münster jetzt gewissermaßen selbst als eine Skulptur zu betrachten sei, verschweigt der Sender so beflissen wie die Rolle von Christian Jankowski generell. Vielleicht aus Furcht, die Zuschauer könnten denken, da kommt etwas Experimentelles, und dann habe es sich mit der Spitzenquote.

Die Angst ist - Boerne, Thiel, Witzchen und so weiter - wie gesagt unbegründet. Aber so kommt es zu Stufe vier in Jankowskis Arbeit: dass dem Westdeutschen Rundfunk nicht einmal aus Versehen Kunst unterlaufen sein will.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: