Bakterien:Das Eklige ist so nah

Auf der Suche nach dem letzten Dreck haben Mikrobiologen untersucht, wo Menschen im Alltag den meisten Keimen begegnen. Eine Übersicht der größten Ekel-Orte.

Von SZ-Autoren

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Bakterien, die Taxi fahren

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Quelle: SZ

Es gibt kaum einen Ort an dem sich so viele Menschen aufhalten wie in einem U-Bahn-Waggon während des Berufsverkehrs. Dementsprechend hoch ist die Keimbelastung. Insbesondere auf den gepolsterten Sitzflächen siedeln sich viele Mikroorganismen an.

In New York untersuchten Forscher der Cornell Universität vor zwei Jahren das U-Bahn-Netz und entdeckten Spuren von mehr als 600 verschiedenen Mikrobenarten. Im Jahr 2011 zeigten Recherchen des NDR in den Zügen der Deutschen Bahn, dass insbesondere die ICEs stark belastet sind. Eine erhöhte Keimkonzentration fand sich auf den Toiletten, aber auch auf Sitzflächen, Armlehnen und Türöffnern. Auf einem Sitzplatz ließen sich sogar Darmbakterien nachweisen.

Anfang dieses Jahres ließ eine private Wäschereinigungsfirma die Zustände im öffentlichen Nahverkehr unter anderem in Berlin untersuchen. Das Ergebnis: Busse sind am saubersten, U-Bahnen und seltsamerweise auch Taxen deutlich dreckiger. Hier fanden die Forscher vor allem Enterobakterien, die in Ausscheidungen von Tieren und Menschen vorkommen und zu Magen-Darm-Erkrankungen führen können. Auch die Proben aus den Straßenbahnen wiesen eine große Menge von Bakterien auf, die Lungen- und Ohrenentzündungen verursachen können.

Jonathan Ponstingl

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Übernachtungsgäste

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Quelle: SZ

In manchen Hotels dürften es Mikrobiologen schaudern. Es gibt keinerlei verbindliche Hygienestandards für die Zimmer; geputzt werden sie allein nach optischen Gesichtspunkten. Wie trügerisch der äußere Anschein sein kann, zeigten im Jahr 2015 zwei Studien in amerikanischen und kanadischen Hotels. Fast alle untersuchten Zimmer sahen auf den ersten Blick respektabel aus.

Doch inmitten von edlem Holz, Langflor-Teppichen und heimeligen Fransen fanden die Biologen immer wieder große Bakterien-Populationen. In den USA waren Waschbecken und Lichtschalter am stärksten bewachsen - unter anderem mit Darmkeimen.

In Kanada fielen Fernbedienungen und Telefone besonders unangenehm auf. Dort nämlich fanden die Forscher unter anderem Antibiotika-resistente Bakterien und solche aus dem Darm. In manchen Häusern waren auch Wasserhähne und Waschtische voller Mikroben - Flächen, deren Reinigung eigentlich Standard und vergleichsweise einfach ist.

Unbefriedigend sind die enormen Schwankungen der Ergebnisse. Weder die Preisklasse noch die Zugehörigkeit zu bestimmten Hotelketten taugen als Indikator für die Sauberkeit der Zimmer. Der Reisende scheint allein der Gründlichkeit und Stimmung des diensthabenden Reinigungspersonals ausgeliefert zu sein.

Berit Uhlmann

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An den Hanteln

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Quelle: SZ

Unsportliche Menschen halten es für die perfekte Ausrede: Räume, in denen sich nackte Haut gegen quasi jede Oberfläche presst und der Schweiß nur so tropft, müssen doch wahre Bakterien-Brutstätten sein. Wissenschaftler aus dem US-Staat Tennessee sind dieser Befürchtung vor drei Jahren auf den Grund gegangen und haben vier Fitnessstudios im Raum Memphis untersucht. Sie fanden insgesamt 63 verschiedene Bakterienspezies.

Die meisten Mikroben entpuppten sich allerdings als Umweltkeime, die aus dem Boden, Staub oder Wasser stammen und durch Schuhe und Taschen in die Studios getragen werden. Sehr viel seltener fanden die Forscher dagegen Mikroben aus dem Verdauungs- und Harntrakt. Potenziell krankmachende Bakterien waren ebenfalls relativ rar: Auf sieben Prozent der Indoor-Räder hielten sich Bacillus-Bakterien, die Magen-Darm-Erkrankungen auslösen können; auf sechs Prozent der Hanteln siedelten Pseudomonas-Keime, die vor allem bei geschwächten Menschen Infektionen von Wunden, Atem- oder Harnwegen hervorrufen können.

Auf Rädern und Hanteln entdeckten die Biologen zugleich die größte Vielfalt an Bakterien, mit anderen Worten: diese Geräte waren am schmutzigsten. Als besonders sauber fielen Sprungstelzen auf.

Berit Uhlmann

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Alles weggespült

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Quelle: SZ

Bienen erledigen ihr Bedürfnis außerhalb des Nestes. Schafe grasen weit abseits ihrer Ausscheidungen und Rentiere legen weite Strecken zurück, um dem Dung in ihren Weidegründen zu entkommen. Der Mensch aber hat sich dazu entschlossen, seine Toiletten mitten in seine Wohn-, Arbeits- und Freizeitstätten zu stellen und auch noch mit anderen zu teilen.

Kein Wunder, dass sie ein Ort des Misstrauens ist. Was man sich da wohl holen kann? Tatsächlich halten Hygiene-Fachleute die Gefahr für eher gering. Das WC gehört zu den heftig geputzten und desinfizierten Orten - und das bis in Tiefen, in die nie die Hand eines Menschen gelangt. Selbst öffentliche Toiletten scheinen nicht sonderlich stark von Darmkeimen verseucht zu sein. Eine Untersuchung öffentlicher Bedürfnisanstalten einer südwestdeutschen Großstadt ergab "nur ein geringes Keimniveau". Zwischen Damen- und Herren-Klos bestand kein nennenswerter Unterschied.

Am häufigsten sind typische Hautkeime, wie Forscher im US-Bundesstaat Colorado herausfanden. Nur auf dem Spülknopf und dem Sitz fanden sie nennenswerte Mengen von Fäkalkeimen. Ausgerechnet die Wasserspülung schleudert keimbeladene Wassertröpfchen bis zu 25 Zentimeter hoch. Die regelmäßige Reinigung des Sitzes ist daher eine gute Idee.

Berit Uhlmann

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Quelle: SZ

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© SZ.de/chrb
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