Mieten:Verfassungsrichter sollen Mietpreisbremse prüfen

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Zwei Berliner Mieter hatten gegen die Kosten für ihre Wohnung geklagt - nun aber könnte das Bundesverfassungsgericht ganz anders entscheiden als erhofft.

(Foto: dpa)
  • Berliner Richter legen die Mietpreisbremse zur Prüfung beim Bundesverfassungsgericht vor.
  • Sie kritisieren, die Regelung führe zu einer krassen Ungleichbehandlung der Immobilieneigentümer in verschiedenen Städten.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der richterliche Angriff kam mit Ansage. Schon im September hatte die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin erklärt, dass sie die sogenannte Mietpreisbremse für verfassungswidrig halte. Damals war das nur eine richterliche Meinungsäußerung, also noch ohne Folgen, verkleidet in einen Hinweisbeschluss. Nun hat Kammer 67 aber Ernst gemacht: Sie hat das seit 2015 geltende Gesetz, das den Anstieg der Mieten in Ballungsräumen dämpfen soll, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt - mit der klaren Empfehlung, es für grundgesetzwidrig zu erklären.

Auslöser ist eine Klage zweier Mieter, denen die Miete von rund 470 Euro für zweieinhalb Zimmer zu hoch war - erlaubt sind bei Neuvermietungen laut Gesetz nur zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Während das Amtsgericht ihnen teilweise recht gab, wendet das Landgericht den Fall nun zu einer Richtervorlage, die - falls sie in Karlsruhe Erfolg hat - den Vermietern wieder freie Bahn gäbe.

Das Gericht stützt sich dabei nicht etwa auf die Eigentumsgarantie, deren Verletzung vermutlich nicht ganz einfach zu begründen wäre. Die Richter kritisieren vielmehr, die Mietpreisbremse führe zu einer krassen Ungleichbehandlung der Immobilieneigentümer in verschiedenen Städten. Weil sich das Gesetz an den "ortsüblichen Vergleichsmieten" orientiere, haben Vermieter in Städten mit niedrigem Preisniveau deutlich weniger Luft nach oben: Wer beispielsweise in München eine Wohnung neu anbietet, kann deutlich höhere Preissprünge unternehmen als etwa im Westteil Berlins, wo die Vergleichsmiete gut zwei Drittel unter der in München liegt. Dafür aber gebe es nicht einmal eine soziale Rechtfertigung, argumentiert das Gericht, zumindest seien bei Erlass des Gesetzes keine Sozialdaten erhoben worden. Es gebe daher keinen Anhaltspunkt, dass sich einkommensschwächere Haushalte in München teurere Wohnungen leisten könnten als in Berlin.

Miethaie profitieren von hohen "Altmieten"

Hinzu kommt: Die Mietpreisbremse privilegiert ausgerechnet die schlimmsten Miethaie. Denn die Formel Vergleichsmiete plus zehn Prozent gilt nicht für jene, die schon früher mehr genommen haben - sie dürfen ihre hohe "Altmiete" auch bei einer Neuvermietung verlangen. Aus Sicht des Landgerichts werden damit jene benachteiligt, die bisher maßvolle Mieten verlangt haben - wohingegen die Preistreiber bevorzugt würden (Az: 67 S 218/17).

Eine Schieflage erkennen die Richter zudem darin, dass das Gesetz nur von einigen Ländern umgesetzt wird. Vermieter in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland seien nicht von dem Gesetz betroffen. Künftig gelte dies voraussichtlich auch für Schleswig-Holstein und sogar in NRW, wo neue Landesregierungen ausweislich ihrer Koalitionsverträge aus der Preisbremse aussteigen wollten - trotz angespannter Wohnungsmärkte. Laut Landgericht verstößt dies gegen das Bestimmtheitsgebot.

Was die Verfassungsrichter nun mit der Vorlage aus Berlin anfangen, ist unklar. Bisher scheiterten solche Beschlüsse in Karlsruhe häufig als unzulässig - aber das ändert sich gerade.

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