Wenn "Schonas Kofmann" an der Opéra Bastille angekündigt ist, sind die Tickets ausverkauft, noch ehe man "un, deux, trois" sagen kann. Die Franzosen lieben den Deutschen, seit er 2010 in Paris den Werther gesungen hat. Inoubliable - unvergesslich für sie die Leiden des jungen Monsieur Kaufmann, der die Premiere trotz schwerer Grippe durchstand, deutschen Tiefsinn mit französischer Emphase vereinte, und das mit eloquenter Diktion. 2011 ernannten sie ihn gar zum "Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres".
Kaufmann und die französische Opernliteratur, das geht gut zusammen. Hier darf er alles ausleben, den lyrischen Tenor, den heldischen, den spinto. Man hört das auf dem Album "L' Opéra", aufgenommen mit dem Bayerischen Staatsorchester unter Betrand de Billy, das hier mit großer Noblesse spielt. Und man konnte das nun live erleben bei Kaufmanns Sonderkonzert an diesem Sonntag im Nationaltheater. Freilich hat die Stimme an Geschmeidigkeit verloren, ist gewichtiger geworden, zudem neigt der Tenor zum Hochdruck-Singen. Ein leicht heiserer Beginn in den Höhen der Arie "Elle ne croyait pas" aus der Oper "Mignon", auch das "Carmen, je t'aime" in Don Josés "Blumenarie" verhaucht fahl in der Kehle. Wettgemacht aber werden diese schwächeren Momente durch stilistische Eleganz. Makellos phrasiert und berührend gelingt Gounods Roméo-Arie "Ah! lève-toi, soleil!", dynamisch das Duett aus "Manon" mit Sopranistin Ermonela Jaho.
Der andere Duett-Partner des Abends ist Ludovic Tézier. Mit diesem Aristokraten unter den Bariton-Stimmen singt Kaufmann das Posa-Don-Carlo-Duett, mit dem die beiden unlängst in Paris auf der Bühne standen. Zwei Stimmen, die harmonieren, zwei Sänger, die sich mögen. Als Zugabe endlich Werthers "Pourquoi me réveiller" und das Weihnachtslied "Minuit chrétiens". Da stehen sie schon im Nationaltheater. Und weil sie ihn nicht gehen lassen wollen, schnappt sich Kaufmann den Notenständer und verschwindet mit einem Lächeln. Bonne nuit.