FPÖ-Initiative:Österreich kippt das generelle Rauchverbot

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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache raucht bei jeder Gelegenheit.

(Foto: imago/Eibner Europa)
  • Durch die Abkehr von dem Verbot bleiben die speziellen Raucherbereiche in Österreichs Gaststätten erhalten.
  • Gleichzeitig erhöht die neue Regierung aus ÖVP und FPÖ die Altersgrenze für Tabakkonsum von 16 auf 18 Jahre.
  • Minderjährige dürfen die Raucherbereiche künftig nicht betreten.

Von Peter Münch, Wien

Österreich versteht sich als Kulturnation, nicht wenige subsumieren darunter auch die Kultur des Rauchens, Pofeln genannt. In der EU leben nur in Ungarn und Griechenland mehr Raucher; mehr Raucherinnen gibt es einer OECD-Studie zufolge nirgends in Europa. Kein Wunder also, dass gemurrt wurde, als 2015 gesetzlich ein Vorstoß zum absoluten Rauchverbot in Gaststätten gewagt wurde.

Als Übergangsregel bis Mai 2018 war das Rauchen nur noch in abgetrennten Bereichen oder nach dem Willen des Wirts in Gaststätten mit weniger als 50 Quadratmetern erlaubt. Der nach Wien ausgewichene deutsche Schriftsteller Wolf Wondratschek gab als Stimme der Kulturschaffenden zu Protokoll, dass ihn sogar das Kaffeehaus nicht mehr interessiere, seit dort das Rauchen untersagt sei. Doch nun gibt es Hoffnung für die Qualmer am vernebelten Horizont - und düstere Aussichten für alle anderen.

In den derzeit laufenden Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ nämlich ist statt weißem Rauch plötzlich blauer Dunst aufgestiegen: Das generelle Rauchverbot wird gekippt. Die Übergangsfrist, die in wenigen Monaten abgelaufen wäre, wird unbegrenzt verlängert. Zumindest die Refugien also bleiben den Rauchern erhalten, allerdings nur, sofern sie schon erwachsen sind. Denn Minderjährige dürfen künftig die Raucherbereiche nicht mehr betreten, und die Altersgrenze für legalen Tabakkonsum wird generell von 16 auf 18 Jahre erhöht.

Zu verdanken haben die Raucher diese Rettungsaktion dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache, der selbst höchstens mal im Fernsehstudio auf die Zigaretten verzichtet. Er hatte sein Leib- und Lungenthema dem Vernehmen nach zur Koalitionsbedingung gemacht und zeigt sich nun in Jubelstimmung. Er sei "stolz auf diese hervorragende Lösung im Interesse der Nichtraucher, der Raucher und der Gastronomen".

Dass diese Lösung auch "im Interesse der Nichtraucher" sein soll, kann eigentlich nur bedeuten, dass Strache es ursprünglich auf die Rückeroberung aller Gasträume durch die Raucher abgesehen hatte. Oder aber er ordnet diesen Sieg in den Zusammenhang eines viel größer angelegten Kulturkampfes ein. Schließlich hatte er neulich bei einer Raucher-Protestveranstaltung in einer Wiener Kneipe heraufbeschworen, dass als Nächstes noch der Schweinsbraten verboten würde, weil der auch ungesund sei - und spätestens da hört dann wirklich der Spaß auf.

Laute Zustimmung jedenfalls erntet Strache nun bei vielen Wirten, die ein Rauchverbot als existenzgefährdend angesehen hatten. Heftige Kritik kommt dagegen von Ärzten sowie von der noch amtierenden SPÖ-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner, die auf 13 000 Tote durchs Rauchen pro Jahr in Österreich verweist und vor einem "enormen gesundheitspolitischen Rückschritt" warnt. Im Kurier nennt der Präsident der Österreichischen Krebshilfe die Regelung schlicht "ein Verbrechen".

Sebastian Kurz, der künftige Kanzler, muss sich bereits vor Amtsantritt als Umfaller schmähen lassen. Schließlich hatte seine ÖVP zusammen mit den Sozialdemokraten das Gesetz zum Rauchverbot verabschiedet. Aber recht machen kann es Kurz derzeit sowieso kaum jemandem. Erst neulich hatte sich der - natürlich leidenschaftlich rauchende - Bundespräsident Alexander Van der Bellen über seinen kerngesunden Lebensstil ohne Zigaretten und Kaffee mokiert.

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