Deutschland bei der Handball-EM:"Jetzt sind wir zum Siegen verdammt"

Handball-EM: Deutschland gegen Mazedonien

Leistete harte Abwehrarbeit im Mittelblock: Deutschlands Hendrik Pekeler (Mitte).

(Foto: AP)

Von Ralf Tögel, Zagreb

Finn Lemke hatte keine Chance, er bekam das Grinsen nicht aus dem Gesicht. "Ich bin einfach nur froh, hier zu sein", sagte der nachnominierte Abwehrchef nach seinem ersten Auftritt bei der Europameisterschaft in Kroatien. Selbst das 25:25-Remis im letzten Gruppenspiel gegen Mazedonien konnte ihm die Laune nicht trüben.

Bei den Kollegen, die schon ein paar Tage länger in Zagreb weilen, stellte sich das anders dar. Patrick Wiencek, einer der Besten im deutschen Team, fand das Ergebnis "erst mal schlecht". Denn die Ausgangslage nach dem zweiten 25:25 ist nun deutlich schwieriger; am Montag war die Partie gegen Slowenien mit dem selben Resultat beendet worden. Bob Hanning brachte es auf den Punkt: "Wir hatten im linken und mittleren Rückraum zu wenig Durchschlagskraft und gehen jetzt mit zwei statt vier Bonuspunkten in die Hauptrunde. Jetzt sind wir zum Siegen verdammt."

Im nächsten Spiel am Freitag trifft das Team auf Tschechien.

Weinhold war der beste Angreifer

Bundestrainer Christian Prokop begann sein Fazit mit einem sanften Lob, mit der Kampfkraft seiner Spieler war er "zufrieden". Aber auch ihm war nicht entgangen, dass "wir uns im Positionsspiel im Angriff dringend steigern müssen". Nur Steffen Weinhold war in diesem Punkt auszunehmen, er war meist zur Stelle, wenn es im Angriff haperte, der Kieler Linkshänder war folglich mit acht Treffern bester Schütze. Wieder ließ sich die DHB-Auswahl in der Anfangsphase überraschen, denn Mazedoniens spanischer Trainer Raul Gonzales nahm schon im ersten Angriff Torhüter Borko Ristovski vom Feld und brachte den siebten Feldspieler.

Den beorderte er an den Kreis, somit bildeten Stojanche Stoilov und Zharko Peshevski ein sich auffallend ähnelndes Duo, beide sind über 1,90 Meter groß und weit jenseits der 100-Kilogramm-Marke. Solche Brocken sind schwer zu halten, sobald sie den Ball zu fassen bekommen. Vor allem Wiencek plumpste in der Anfangsphase immer wieder mit einem der beiden Schränke in den Kreis; weil der Kieler aber von gleichwertiger Konstitution ist, verhinderte er meist einen Torerfolg.

Im Rückraum zog Kiril Lazarov, 37, die Fäden: Mazedoniens Superstar ist zwar in die Jahre gekommen, im Nationalteam ist er nach wie vor der unumstrittene Chef. Es gab ein paar Kreuzungen im Rückraum, irgendwann hatte Lazarov den Ball und bediente entweder die Kreisläufer per Bodenpass, die Außenspieler mit Kempa-Zuspiel, das diese in der Luft fingen, oder er warf selbst.

Rückkehrer Lemke ist früh gefordert

Für Spieler wie ihn hatte Prokop ja Lemke nach Zagreb beordert, es dauerte gerade mal 3,24 Minuten, und der Abwehrstratege musste ran. Denn so leicht das Spiel der Mazedonier zu lesen ist, so schwer ist es zu verteidigen. Der Rückraum zieht das Passspiel behäbig auf und lauert geduldig auf eine Lücke - oder den Pass zum Kreis. So unterbanden die Mazedonier mit ihren langen Angriffen auch das gefährliche Tempospiel der DHB-Auswahl, die fand wie schon gegen Slowenien nur sehr schleppend ins Spiel und lag früh 3:6 in Rückstand. Als sich jedoch Abwehr und Torhüter steigerten und die Deutschen zu schnellen Kontern kamen, war das von Prokop favorisierte Muster zu sehen: Entweder traf Außen Uwe Gensheimer, mit fünf Toren zweitbester DHB-Schütze, die Rückraumwerfer fanden Lücken oder Wiencek am Kreis, der viermal traf.

Der Rückstand war schnell zu einem 11:8 gedreht, doch Mazedonien verschleppte umgehend das Tempo und schloss zur Pause auf 11:12 auf. Ob Mazedoniens Trainer Gonzales einen Plan B hatte, war einerlei, denn sein Team zog das bewährte Spiel beharrlich durch. Nur auf den siebten Feldspieler verzichtete der spanische Coach über lange Strecken in der zweiten Halbzeit, die Angriffe blieben beim gleichen Muster. Die deutschen ließen sich wieder einlullen, agierten im Angriff hektisch und gerieten erneut mit 16:19 deutlicher in Rückstand. Vor allem Lazarov ist ein Meister der Spielverschleppung, er ließ sich immer wieder festmachen und verschaffte sich und seinen Kollegen so kleine Pausen.

Doch das deutsche Team kam auch dank des starken Silvio Heinevetters, den Prokop in der zweiten Halbzeit ins Tor beorderte, zurück. Nach einer schönen Kombination traf Hendrik Pekeler vom Kreis zum 20:20, Weinhold kurz darauf zur Führung. Fortan war es ein enervierender Kampf, Deutschland legte vor, Montenegro glich angefeuert von 5100 heißblütigen Fans aus. "Das haben die schon clever gemacht", schloss Hanning seine Betrachtung, letztlich sei der Punktgewinn für Mazedonien verdient gewesen, mit der Konsequenz: "Jetzt müssen wir alles gewinnen."

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