Wohnungsmarkt:40 Prozent des Gehalts

SPD Germering

Gastrednerin bei der SPD Germering ist Münchens Sozialreferentin Dorothee Schiwy.

(Foto: Günther Reger)

Germerings SPD thematisiert bei Neujahrsempfang Mietpreise

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

In München werden inzwischen durchschnittliche Mietpreise von 19,65 Euro pro Quadratmeter für neu gebaute Wohnungen verlangt. In Altbauten erzielen Vermieter eine Quadratmetermiete zwischen 16 und 17 Euro. "Steigende Mieten sind eine Ursache für Armut in München", sagt Dorothee Schiwy, die Sozialreferentin der Landeshauptstadt München. 40 Prozent des Gehaltes werde bereits für die Miete aufgewendet. Dass ähnliche Mietpreise für Wohnungen bereits nach Germering übergeschwappt sind, muss Schiwy den 120 Besuchern des Neujahrsempfangs der Germeringer SPD nicht extra erläutern. So viel steht fest: Im Gegensatz zu München hat die Große Kreisstadt keine Instrumente, ausufernden Mietpreisen entgegenzusteuern.

München verfügt immerhin noch über 71 000 Sozialwohnungen mit Belegungsrechten. Doch auch diese scheinbar große Anzahl von Wohnungen in der Kategorie "bezahlbarer Wohnraum" geht bei einem jährlichen Zuzug von 20 000 Menschen in München unter. "Wir können bei 30 000 berechtigten Antragsstellern nur 2900 Wohnungen pro Jahr neu belegen", teilte Schiwy mit. "27 000 gehen jährlich leer aus." Das Problem werde sich auch in München weiter zuspitzen, weil zunehmend größere Wohneinheiten aus der Sozialbindung herausfallen würden. "Die Horrorvision für München ist", so Schiwy, "dass Luxuswohnungen leer stehen und die eigene Bevölkerung die Mieten nicht mehr bezahlen kann." Germering hat vor 13 Jahren etwa 200 städtische Wohnungen verkauft, um damals die Stadtkasse zu sanieren. Die verbliebenen zwei Dutzend Wohnungen spielen auf dem Wohnungsmarkt hinsichtlich der Preisgestaltung privater Investoren keine Rolle mehr.

Dann schrieb die ehemalige Münchner SPD-Stadträtin ihrer Partei ins Stammbuch, dass sie in der vergangenen großen Koalition mit der sogenannten Mietpreisbremse einen "zahnlosen Tiger" geschaffen hat. Sie empfahl dringend, eine Offenlegungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Vormiete ins Gesetz reinzuschreiben. Auch eine Bodenpreisbremse müsse kommen, um zu verhindern, dass Bodenpreise von 25 000 Euro pro Quadratmeter wie am Münchner Nockherberg Schule machten. Schiwy erinnerte an den Artikel 161 der Bayerischen Verfassung, der eine Abschöpfung des Profits durch Bodenspekulation erlaube, aber nicht angewendet werde.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi kritisierte bei seinem "Bericht aus Berlin" ebenfalls "den Rückzug des Staates aus dem Wohnungsbau". Der neoliberale Satz, "der Markt regelt es", habe sich als falsch erweisen. "Die Konsequenz ist Wohnungsnot", so der SPD-Politiker aus Olching. Schrodi legte sich vehement für den nochmaligen Eintritt der SPD in die große Koalition ins Zeug. Das Sondierungsergebnis sei "nicht der große Wurf", meinte er, aber in der Opposition könne die SPD nichts durchsetzen.

Schrodi berief sich auf Herbert Wehner, den SPD-Fraktionsvorsitzenden der ersten Groko von 1966 bis 1969, der damals auch auf kleine Verbesserungsschritte setzte. Er plädierte aber auch dafür, dass der Erneuerungsprozess in der SPD beginne und diese sich von ihrer neoliberalen Vergangenheit verabschiede. Dann gab es von Schrodi noch eine vehement vorgetragene Drohung in Richtung CDU/CSU. Nach zwei Jahren in der neuen Groko müsse Bilanz gezogen werden. Stimme die für die SPD nicht, "muss es krachen", so der SPD-Bundestagsabgeordnete nachdrücklich. "An der Nase herumführen, lassen wir uns nicht mehr."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: