Digital Leadership:Mehr Teamarbeit, mehr Austausch

Digital Leadership: Chefs mit Charisma hält Hans Ochmann für wichtiger denn je. Künftig müssen Führungskräfte die Mitarbeiter seiner Ansicht nach noch stärker motivieren als bisher.

Chefs mit Charisma hält Hans Ochmann für wichtiger denn je. Künftig müssen Führungskräfte die Mitarbeiter seiner Ansicht nach noch stärker motivieren als bisher.

(Foto: oh)

Interview mit dem Soziologen Hans Ochmann über den Wandel der Unternehmenskultur.

Interview von Bärbel Brockmann

Hans Ochmann, 52, führt als Geschäftsführer und Partner der Kienbaum Consultants International GmbH das strategische Geschäftsfeld Human Resource Management. Vor seiner Zeit in der Beratung arbeitete der studierte Soziologe in der Finanzbranche und war viele Jahre Lehrbeauftragter der Universität Koblenz/Landau.

SZ: Was verstehen Sie unter dem Begriff Digital Leadership?

Hans Ochmann: Digital Leadership heißt für uns Führen in einer Umwelt, die durch Digitalisierung geprägt ist. Es ändern sich dadurch die Anforderungen an Führungskräfte, aber es ändern sich auch die Rahmenbedingungen. Die neue Arbeitswelt, in der Führungskräfte handeln müssen, ist von Volatilität, Unsicherheit und Komplexität geprägt. Das führt dazu, dass Führung heute anders gedacht werden muss.

Was wird sich konkret verändern?

Wir werden deutlich mehr Kollaboration und Austausch der Mitarbeiter untereinander sehen. Das Arbeitsumfeld muss so organisiert sein, dass sich diese Anforderungen umsetzen lassen. Der zweite Punkt ist die Frage nach Kundenorientierung. Wie schnell kann ein Unternehmen auf die Anforderungen des Marktes reagieren? Er verändert sich immer schneller. Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer. Design Thinking, also die Ausrichtung der eigenen Organisation auf neue Kundenbedürfnisse, rückt in den Vordergrund.

Wie müssen sich Vorgesetzte künftig gegenüber den Mitarbeitern verhalten?

Sie müssen die Mitarbeiter viel stärker motivieren. Sie müssen sinnstiftend wirken. Dafür brauchen sie Charisma. Denn vor allem die junge Generation erwartet, dass sie in einem Betrieb dessen Wertesystem vermittelt bekommt. Bei den Babyboomern, die heute noch zum großen Teil die Führungspositionen besetzen, heißt es noch "für die Arbeit leben", bei der Generation Y ist es "leben und arbeiten", aber bei der ganz jungen Generation Z, die nach und nach ins Arbeitsleben kommt, "erst leben, dann arbeiten".

Sinnstiftung und Motivation ist vor allem für diese Generation besonders wichtig. Für die älteren Führungskräfte ist dies oft eine große Herausforderung.

Wie müssen Führungskräfte und Firmenlenker im Hinblick auf den Markt künftig denken und handeln?

Die Führungskräfte müssen Geschäftsmodelle disruptiv überdenken. Sie sollten sich also auf jeden Fall fragen, wie man das eigene Geschäftsmodell angreifen kann. Wenn sie es nicht tun, wird es die Konkurrenz tun. Gleichzeitig muss die Führungskraft sicherstellen, dass der Geschäftsbetrieb läuft, denn nur damit wird Geld verdient. Der Fachbegriff für diese Vorgehensweise lautet Ambidextrie, was so viel bedeutet wie Beidhändigkeit. Dieses Konzept wird bereits in vielen Unternehmen diskutiert: die Sicherstellung des laufenden Geschäfts einerseits, das Sich-selber-infrage-Stellen andererseits.

Das haben Führungskräfte doch immer schon gemacht.

Nicht in dieser Form. Und erst recht nicht in dieser Geschwindigkeit. Es gab immer eine kleine Elite an Führungskräften, die das getan hat, aber die Mehrzahl der Führungskräfte hat die Tradition und etablierte Modelle fortgesetzt. Die Gefahr für ein Geschäftsmodell kommt heute nicht mehr von dem langjährigen Wettbewerber, sondern aus einer Ecke, aus der man es nicht erwartet.

Was kann ein Unternehmen tun, um Führungskultur und Führungsverhalten zu verändern?

Das Unternehmen muss festlegen, was das leitende Prinzip für die Mitarbeiter sein soll, dies ist der erste Schritt. Das haben viele Unternehmen in der Vergangenheit zwar auch schon gemacht, aber die Dinge werden verbindlicher. Die Führungskräfte werden heute oft schon danach ausgesucht, beurteilt und auch bezahlt, wie sehr sie eine bestimmte Führungskultur umsetzen. Vor allem Führungskräfte in den Vierzigern und Fünfzigern neigen dazu, eigene Werte und Kompetenzen auf andere zu projizieren. Sie glauben, dass das geteilt wird. Sie müssen lernen, vom eigenen Wertesystem und Verhalten zu abstrahieren.

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