CSU:Seehofers Verseppelung

Der neue Bundesheimatminister hat dem Islam die Tür gewiesen. Er entheimatet die Muslime in Deutschland. Sein Gerede ist gefährlich für die gr0ße Koalition, für Deutschland und für einen modernen Heimatbegriff, also auch für die CSU.

Von Heribert Prantl

Es gab eine Zeit, in der die CSU bewundert wurde dafür, dass sie Tradition und Fortschritt zu verbinden wusste; bei aller Rabaukerei galt sie als modern. Es kam dieser Modernität zugute, dass der altbayerische Katholizismus, der die CSU prägt, mehr ästhetisch als dogmatisch funktioniert. So kommt es, dass viele Menschen in Deutschland "Heimat" für eine Gegend halten, in der bairisch gesprochen wird; so war es naheliegend, dass ein Bayer das neue Innen- plus Heimatministerium übernahm.

Die Art und Weise, mit der sich Horst Seehofer in sein Amt einführt, hat aber mit Modernität und Liberalität wenig zu tun. Dass er sich als Law-and-Order-Mann zu präsentieren sucht - geschenkt; das gehört zur DNA der CSU. Dass er sich aber zum Islamgegner aufwirft - das ist gefährlich; gefährlich für die Koalition und für Deutschland. Seehofer hat im ersten Interview als Minister den Islam vor die Tür gewiesen; er will nur die Muslime hier haben, nicht aber ihren Glauben. Das ist nach den Wochen mit 26 Anschlägen auf Moscheen in Deutschland ein unfassbar unsensibles, ein frevlerisches Gerede.

Mit seinem Satz vom Islam, der nicht zu Deutschland gehöre, widersetzt sich Seehofer dem Motto, mit dem Wolfgang Schäuble vor zwölf Jahren die Islam-Konferenz eröffnet hat; er widerspricht Angela Merkel; er widerspricht seinem Nachfolger Markus Söder; der neue Ministerpräsident hat vor Jahren bei einem Kulturfest in Nürnberg den Islam zum "Bestandteil Bayerns" erklärt. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx legte jüngst dar, dass Glaube eine stärkere Heimat sei als Landschaft und Sprache, weil er unzerstörbar über Unterschiede hinwegreiche. Seehofer mag das nicht hören; das ist unchristlich, intolerant und ausgrenzend. Er entheimatet die Muslime in Deutschland. Wer ein so rückgewandtes, verseppeltes Heimatverständnis propagiert, ist als Heimatminister nicht tauglich.

Der Streit über die Zugehörigkeit des Islam ist so fatal, wie es der ewige Streit darüber war, ob Deutschland Einwanderungsland ist. Wegen dieses Streits blieb Integration lange auf der Strecke. Eine Wiederholung der Auseinandersetzung nun mit anderen Vokabeln wäre pervers. Seehofers Gerede ist nicht einfach Gerede, das man unter Wahlkampf abhaken kann, weil in Bayern halt am 14. Oktober der Landtag neu gewählt wird. Seehofer rüttelt am Kern des Zusammenlebens. Die Kanzlerin hat daher sogleich versucht, die Dinge wieder gerade zu rücken. Sie weiß: Wenn die CSU so weitermacht, dann werden die Monate bis zur Landtagswahl fürchterlich; dann wird die ganze Republik in einen bayerischen Wahlkampf gezogen, weil die CSU so versucht, die AfD an die Wand zu spielen.

Markus Söder hat sich im Ministerpräsidenten-Amt als "Kümmerer" angekündigt; er muss sich auch um die Muslime kümmern. Söder kommt aus Franken, aus der Provinz also, die von den Altbayern lange als Bayern zweiter Klasse behandelt wurde. Indes: Franken hat Klasse, es ist eine tolerante Provinz, in der das Miteinander von Religionen Tradition hat. Söder, dem nachgesagt wird, dass er für gar nichts stünde, hätte nun zeigen können, dass das nicht stimmt. Aber er hat sogleich Seehofer applaudiert und sein altes Bekenntnis über den Islam, der zu Bayern gehört, damit widerrufen. So ist Söder, so ist Seehofer; das ist die CSU.

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