TV-Duell: Merkel gegen Steinmeier:Gemein fragen, schön lächeln

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Auf harte Konfrontation und politische Argumentationskraft wartete das TV-Publikum beim Duell Merkel gegen Steinmeier vergeblich. Der Schlagabtausch geriet zu einem zwischen Politikern und Journalisten.

Hans-Jürgen Jakobs

Nein, die Bundestagswahl ist am Sonntagabend noch nicht entschieden worden. Es war nur ein öffentliches Zwiegespräch mit vier Stichwortgebern, die als Moderatoren fungierten. Ein Trick des Fernsehens, in kollusiver Zusammenarbeit mit zwei Parteien entstanden, kann real keine Wahl entscheiden - auch wenn ein "TV-Duell" auf den großen vier Sendern ARD, ZDF, RTL und Sat 1 angepriesen wird.

Großkoalitionäre Harmonie statt Angriffsduell: Kanzlerin Angela Merkel und Gegenkandidat Steinmeier zeigten null Krawallpotenzial. (Foto: Foto: AP)

90 Minuten mühten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr SPD-Gegenkandidat Frank-Walter Steinmeier, mit politischer Weltvermessung der akademischen Art, dem Verdacht zu entkommen, bei der Übung könne nicht mehr als ein leistungsgerechtes Remis herauskommen.

Es war weniger ein "Duell", sondern eher das befürchtete Duett, eine Art Dauerwerbesendung für die große Koalition. Die Konfrontationslinie lief eher zwischen den beiden Politikern und den vier Journalisten. Die versuchten mitunter plump, die großkoalitionäre Harmonie zu stören, und verlegten sich schon mal auf Fragen, wer wohl bei beiden als künftiger Gesundheitsminister in Frage käme.

Angesichts zweier Politpragmatiker, die gemeinsam regiert haben und womöglich weiter regieren werden, war fast ebenso wichtig, wer von den vier fragenden Journalisten besondere Spuren hinterlassen würde.

Maybrit Illner (ZDF) hatte als einzige Frau in der Runde den natürlichen Vorteil, eröffnen und ein wenig kecker sein zu dürfen. Sie kultiviert die Kunst, gemeinste Fragen mit schönstem Lächeln zu präsentieren, war dabei aber zuweilen zu lang. Immerhin prägte sie das Wort von der "Tigerenten-Koalition" als Chiffre für eine schwarz-gelbe Zusammenarbeit.

Frank Plasberg (ARD) wiederum war in diesem staatstragenden Duell-Fernsehen nicht ganz der effektive wild boy, als den man ihn in den frühen Jahren von Hart aber fair kennt. Er wirkte oft übermotiviert bei dem Bestreben, dass die zwei Befragten sich doch bitte eine Blöße geben mögen. Peter Kloeppel (RTL) machte mit hartnäckigen Nachfragen noch den besten Eindruck. Er stellte verständliche Fragen. Peter Limbourg (Sat 1) wiederum setzte regelmäßig an der falschen Stelle mit den falschen Fragen ein; er war der Schwächste in der Runde.

Insgesamt erlaubte das starre Format nicht, was die Sender vorher versprochen hatten: dass Schwung in den Wahlkampf kommt. Die vier Moderatoren hatten sichtlich mit ihren Absprachen zu kämpfen. Wichtige Themen wie Bildung, Umwelt, Außenpolitik oder Familie blieben einfach ausgespart. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", hatte Plasberg anfangs der Fernsehgleichschaltung gefragt - es müsse doch jetzt endlich der Wahlkampf beginnen. Darauf hat man vergebens gewartet. Dann ging es rasch um das Duell nach dem Duell: Wer hat beim Wähler überzeugt? Wer hat Unentschlossene für sich gewonnen?

Da durfte freilich gerätselt werden. Jeder Sender hatte eigene Umfragen parat, die mal Steinmeier, mal Merkel vorn sahen. Sicher ist somit nur: Einer wird gewinnen.

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