Meine Woche:Zuhause in der zweiten Heimat

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(Foto: Robert Haas)

Claudio Cumani feiert seine Einbürgerung

Von Helena Ott, Garching

Claudio Cumani () kennt das Grundgesetz besser als die meisten Deutschen. Selbst würde er das nie sagen, aber anzunehmen ist es. Über mehrere Monate hat er die 146 Artikel ins Italienische übersetzt - "um Brücken zu bauen", wie er sagt. Seit drei Jahren ist der gebürtige Italiener Vorsitzender des Integrationsbeirats in Garching, das ging auch ohne deutschen Pass. Seit sechs Monaten hat der Garchinger auch die deutsche Staatsbürgerschaft - wie seine beiden Kinder. Zuvor hatte Cumani vier Sprachprüfungen ablegen, 33 Fragen zur deutschen Politik und Kultur beantworten und ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegen müssen. Gefragt wurde bei dem Test unter anderem, wer die deutsche Nationalhymne geschrieben hat, was die Fünf-Prozent-Hürde ist oder an welchem Festtag sich die Deutschen verkleiden.

Für diesen Dienstag ist Cumani wie 780 andere Menschen aus dem Landkreis, die im vergangenen Jahr eingebürgert wurden, zu einem Empfang mit Landrat Christoph Göbel im Kultur- und Kongresszentrum Taufkirchen eingeladen. Die Neubürger, die aus 81 Nationen stammen, werden dort für ihre Integrationsleistung gewürdigt. Integration, das heißt für den Ingenieur aus Triest: neugierig sein, reden und sich auf gemeinsame Werte verständigen. Das gelte aber für beide Seiten. Der 55-Jährige wunderte sich, als der damalige bayerische Bildungsminister Ludwig Spaenle bei einem runden Tisch zur Integration diese Aufgabe alleine den Migranten zuschrieb.

Er selbst fühle sich mittlerweile hier sehr zuhause, sagt Cumani. Aber eines bedauert er: "Ich finde es schade, dass es im Deutschen Heimat nur im Singular gibt. Auf Italienisch gibt es patria und patriae. Ich fühle mich als beides: als Deutscher und als Italiener." Heimat sei für ihn ein emotionales, aber auch ein gefährliches Wort. "Wurzeln sind wichtig, man muss sich um sie kümmern, aber man darf sie nicht zum Mauerbauen benutzen." Und Werte seien etwas Lebendiges, das man immer durch neue Einflüsse bereichern könne. Deshalb freut sich der Garchinger auf Dienstagabend: "Es ist immer toll, neue Menschen kennenzulernen. Aber vor allem, weil alle, die kommen, eine wichtige Erfahrung mit mir gemeinsam haben." Die Kenntnis des politischen Systems, die Gleichberechtigung von Mann und Frau - Cumani findet es richtig, dass Menschen, die hier leben möchten, die Werte, Regeln und Gesetze kennen, egal ob sie aus Europa oder einem muslimischen Land kommen. Der wichtigste Unterschied, seit er die Urkunde mit dem Bundesadler mit nach Hause genommen hat, ist für ihn, dass er an der Landtagswahl im Oktober teilnehmen kann. "Zumal in Zeiten, in denen so viele Politiker mit den Ängsten der Leute spielen."

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