Jeep Wrangler im Fahrbericht:Spaßauto mit begrenztem Einsatzzweck

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Im Gelände ist kaum ein Auto besser als der Jeep Wrangler - auf der Straße schon. (Foto: Fiat-Chrysler)

Die Neuauflage der Offroad-Ikone ist nicht irgendein SUV, sondern ein echter Geländewagen. Das merkt man leider, sobald man mit ihm auf der Straße fährt.

Von Peter Fahrenholz

Für die Klage von US-Präsident Donald Trump, dass es in den USA zwar jede Menge deutsche Autos gebe, die Deutschen aber umgekehrt so gut wie keine US-Autos kauften, gibt es eine einfache Erklärung, die Trump aber nicht gefallen wird: Die Qualität vieler US-Fahrzeuge ist einfach zu schlecht, als dass sie sich auf dem anspruchsvollen deutschen Markt durchsetzen könnten. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Jeep. Die Marke stabilisiert seit Jahren den Fiat-Chrysler-Konzern, zu dem sie gehört, denn die Autos verkaufen sich gut, auch in Europa.

Aus der Modellpalette sticht ein Auto besonders heraus: der Wrangler. Denn während die anderen Modelle im boomenden SUV-Segment mitschwimmen, also im Grunde Straßenfahrzeuge mit einer gewissen Geländeeignung sind, ist der Wrangler ein echtes Off-Road-Auto, das man auch auf der Straße fahren kann. Im Wrangler steckt deshalb am meisten von jenem Ur-Jeep, der 1940 im Zweiten Weltkrieg für das US-amerikanische Militär entwickelt worden war.

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Kein Wunder also, wenn eine neue Wrangler-Generation für Jeep immer etwas Besonderes ist. "Eine Ikone", schwärmte Produktmarketing-Chef Dante Zilli bei der Fahrpräsentation des neuen Modells vor wenigen Tagen in der Steiermark. Sie fand praktischerweise zusammen mit dem größten Fahrevent statt, das Jeep jedes Jahr an einem anderen Ort ausrichtet: dem "Camp Jeep". Dort kommen Jeep-Enthusiasten aus ganz Europa zusammen, um drei Tage lang über Stock und Stein und durch Matsch zu fahren.

Den neuen Wrangler gibt es in den Versionen Sport, Sahara und Rubicon, entweder als zwei- oder als viertürige Variante. Sie unterscheiden sich optisch zwar kaum, technisch aber schon. Denn der Rubicon ist gewissermaßen der Hardcore-Wrangler, er verfügt über einen noch ausgefeilteren, vollautomatischen Vierradantrieb als die beiden anderen Versionen und soll praktisch jedes Hindernis überwinden können.

Nervenkitzel im Schneckentempo

Aber auch die gediegener ausgestattete Sahara-Version, die - Marketingfritzen sind in ihren Wortschöpfungen unerschöpflich - den "Urban Jeeper" als Kunden gewinnen soll, ist kein Softie. Die Offroad-Trails mit diesem Auto in einem 500 Hektar großen Waldgelände, das Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz gehört, sind Nervenkitzel im Schneckentempo. Das Auto klettert auf engen, steilen Waldwegen über Steinbrocken und Baumstümpfe, kämpft sich durch glitschige Rinnen, und mehr als einmal sieht man sich schon den Abhang hinunterkippen. Das passiert aber nicht. Keine Frage, der Jeep Wrangler kann Pisten bewältigen, die man auch zu Fuß lieber meidet. Da können nur ganz wenige mithalten, die Mercedes G-Klasse etwa oder der legendäre Landrover Defender, der nicht mehr gebaut wird.

Nun sind die Deutschen aber ebenso wenig wie ihre europäischen Nachbarn ein Volk von Fischern, Jägern und Waldarbeitern. Also muss so ein Auto natürlich auch im ganz normalen Straßenbetrieb eine zumindest passable Figur machen und sich auch bei den elektronischen Helfern auf der Höhe der Zeit befinden. Die gibt es auch im neuen Wrangler ausreichend, ebenso wie ein modernes Infotainment-System samt großem Display. Aber aus einem Geländewagen wird auf der Straße weder ein wendiger Kurvenwedler noch ein komfortabler Reisewagen.

Am Motor liegt das nicht. Die Testflotte war mit dem 200 PS starken 2,2-Liter-Turbodiesel ausgerüstet, der auch bei Alfa seinen Dienst verrichtet und mehr als ausreichend Leistung bietet. Als zweites Triebwerk steht ein neuer Zweiliter-Turbobenziner mit 270 PS zu Verfügung. Serienmäßig für beide Motoren ist eine neue Achtgang-Automatik. Der Vierradantrieb lässt sich jetzt deutlich variabler einsetzen. Früher konnte man ihn nur per Hand zuschalten. Das geht jetzt immer noch, doch nun kann man auch eine Variante wählen, die die Kraft vollautomatisch je nach Gegebenheit auf Vorder- oder Hinterräder verteilt.

Trotzdem ist das ganze Fahrwerk für die Straße leider amerikanisch-weich statt europäisch-straff ausgefallen, die indifferente Lenkung verlangt nach ständigen Korrekturen der Fahrlinie. Wer viel auf kurvigen Straßen unterwegs ist, sollte zur größeren, viertürigen Variante greifen, der längere Radstand wirkt sich positiv auf die Fahrstabilität aus. Auch längere Autobahnetappen sind kein reines Vergnügen, ab Tempo 120 muss man mit deutlichen Windgeräuschen leben, was bei der kantigen Karosserie kein Wunder ist.

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Die echten Wrangler-Fans wird das nicht stören. Für sie ist wichtig, dass man die Türen weiterhin schnell demontieren und die Windschutzscheibe umklappen kann. Weil es außerdem diverse Dachversionen gibt, vom Stoffverdeck bis zum abnehmbaren Hardtop, lässt sich der Wrangler schnell zum Open-Air-Auto machen.

Keine Frage, der Wrangler ist ein Spaßauto. Und dieser Spaß hat seinen Preis. Das neue Modell, von September an zu haben, kostet je nach Version zwischen 46 500 und 56 000 Euro. Das ist recht happig für ein Auto mit einem eher begrenzten Einsatzzweck. Denn kaum irgendwo in Europa kann man noch mal eben so aus Spaß legal ins Gelände brettern. Und für die normalen Forst- oder Bergstraßen reichen auch günstigere Allrad-Autos aus asiatischer Produktion.

Doch die Frage, welchen Sinn dann so ein Auto macht, können die Jeep-Leute trotzdem leichten Herzens beantworten: Weil die Verkaufszahlen stimmen. Bisher stand dem deutschen Markt ein Kontingent von etwa 1300 Fahrzeugen zu, künftig wird es das Doppelte sein. Es ist eine Nische, in der ordentlich verdient wird.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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