Handwerk:Wertvolle Kunst

Beim Bummel über den Töpfer- und Kunsthandwerkermarkt in Fürstenfeld trifft man eine Kunst- und Porzellanmalerin aus Bruck sowie einen Drechsler aus Gröbenzell. Und man lernt, dass qualitativ hochwertige Unikate ihren Preis haben müssen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Töpfermarkt FFB

Porzellanmalerin Monika Seltner hat in Meißen gelernt und ist auch als Zeichenlehrerin tätig.

(Foto: Günther Reger)

Ist das nicht ein bisschen teuer? Da steht dieses kleine Porzellantablett. Wirklich sehr hübsch verziert und mit Goldrand. Aber 350 Euro? Wer am Wochenende beim Töpfer- und Kunsthandwerkermarkt in Fürstenfeld bei Künstlern nachfragt, erkennt freilich, dass man hochwertige Handarbeit nicht mit in Serie produziertem Kitsch vergleichen kann und sie ihren Preis haben muss. Er erfährt aber auch, dass man trotz dieser Preise nur schwer von der Kunst leben kann.

Ein Besuch bei Monika Seltner am Sonntagvormittag. An ihrem Stand steht das schmucke kleine Tablett mit den "naturalistischen Blumenmotiven". Drei Tage lang hat die gelernte Kunst- und Porzellanmalerin daran gearbeitet. Ohne Berücksichtigung der Materialkosten entspricht das also einem Stundenlohn von nicht einmal 15 Euro. Monika Seltner beherrscht ihr Handwerk. Sie ist in Meißen in einem Beruf ausgebildet worden, den sie selbst mit einem feinen Lächeln als "aussterbend" bezeichnet. Die Ausbildung umfasste auch zwei Jahre Aquarellunterricht. Und das ist das zweite Standbein, das der selbständigen Künstlerin das Auskommen sichert: Hinter ihr stehen Aquarelle, auf denen beispielsweise die Amperbrücke, der Jexhof oder auch Blumenmotive zu sehen sind. Bilder gingen besser als Porzellan, sagt sie. Oben in Biburg gibt Monika Seltner zudem Aquarellkurse in ihrem Atelier. Da werden ihre Fähigkeiten und ihr Fachwissen wertgeschätzt. Die Zeit, in denen kunstvoll gestaltete Teeservice gefragt waren, scheint dagegen eher vorbei zu sein. Mehr als zehn Jahre ist es auch schon her, dass Monika Seltner ihr buchstäblich größtes Projekt bekam: Ein Kunsthändler gab damals hüfthohe historische Blumenvasen bei ihr in Auftrag. Liebhaber und Stammkunden, die sich einzelne Teller oder Tassen oder Gefäße kaufen, ja, die gebe es immer noch. Aber zum Überleben reicht das allein nicht. Gleichwohl ist das Bemalen von Porzellan eben eine Passion. Und deshalb scheint Monika Seltner die staunenden Blicke der Passanten durchaus zu genießen, die sie dabei beobachten, wie sie mit ruhiger Hand feinste Pinselstriche aufbringt. Auf dem weißen Porzellan wachsen Blumen und Blätter. Anhand zweier Tassen mit den gleichen - selbst entworfenen - Motiven lässt sich erkennen, welche noch gebrannt werden muss. Bei 850 Grad verändert sich nicht nur der Farbton. Durch die Hitze wird auch die Oberfläche eingeebnet, zuvor spürbare Konturen verschwinden.

Töpfermarkt FFB

Zu sehen sind in Fürstenfeld auch geschnitzte Holztiere in Lebensgröße wie diese Gans.

(Foto: Günther Reger)

Auch an vielen anderen Ständen führen Künstler ihr Handwerk am Samstag und Sonntag vor den sicherlich mehr als zehntausend Besuchern vor. Fast kein Durchkommen gibt es auch am Stand des Bürstenbinders Uwe Minatel. Der Pfälzer bindet mit stoischer Ruhe alles, was ihm in die Quere kommt, von kleinen Bürsten zum Reinigen von Schnapsgläsern bis zum Straßenbesen. Nebenan klopft ein Steinmetz.

Töpfermarkt FFB

Die filigrane Glaskunst von Nina und Stephen Thorp begeisterte etliche Besucher.

(Foto: Günther Reger)

Am Rande der Waaghäuslwiese trifft man Karl Lechner aus Gröbenzell. Kinder können hier "Fidelbogendrechseln". Die Drehbank ist aus Holz, autogerecht zerlegbar und wird mit dem Fuß angetrieben. Lechner ist in der glücklichen Lage, nicht von seinem Kunsthandwerk leben zu müssen. Der gelernte Maschinenschlosser hat Flugzeugbau studiert und widmet sich im Ruhestand ganz dem Werkstoff Holz. Seine Drechselbank hat er anhand historischer Pläne nachgebaut, zu Hause steht ein mächtiges Gegenstück aus Holz, das modernen Ansprüchen genügt. Es ist schwer, groß, verfügt über eine Kegelrollenlagerung und wurde mit einem CAD-Programm am Computer berechnet. Das richtige Werkzeug und die richtige Technik sind gut. Der Schlüssel zum Erfolg ist beim Kunsthandwerk aber immer noch das Knowhow. Lechner zeigt einen Holzrohling, der Sprünge aufweist, um zu verdeutlichen, dass die richtige Trockung das A und O beim Bearbeiten von Holz ist. Fichte und Buche sind unproblematisch. Nur für echte Meister aber ist der Flieder mit seinem knochenharten Kern und dem "Linksdrall im Wuchs" Lechner wälzte Bücher, las darin auch viel Unsinn und entwickelte schließlich seine eigene Technik. Das Holz lässt er jahrelang ganz langsam im Keller trocknen. Dann entstehen Kunstwerke wie Kerzenständer oder Teller oder Kreisel. Oder auch - mit Hilfe von Kreissäge, Hobel und Fräse - einer der massiven Notenständer aus Holz. In der Version Birne kostet der 260 Euro. Zu teuer? Nun ja, da stecken 40 Stunden Arbeit drin. Und wen das noch nicht überzeugt, dem sei die Lektüre des Schildes an einem Stand vor der Klosterkirche empfohlen. "Augen zu und Karte durch", steht darauf geschrieben. Unikate haben eben ihren Preis.

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