Kunst:Der Reiz der Gegenüberstellung

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Das Kunsthaus Fürstenfeldbruck kontrastiert in einer neuen Ausstellung gleiche Motive von alten und zeitgenössischen Malern. Werke von Behrendt, Holz und Kubel animieren zum Vergleich mit Bildern von Krusche, Meyer und Strähhuber

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die Bilder eint das Motiv, das Gebirge, sie unterscheiden sich aber in der künstlerischen Interpretation und den verwendeten Techniken. Der Märchenmaler Otto Kubel (1868-1951) hat das Zugspitzmassiv gewählt, wie es sich einem Wanderer aus der Ferne an einem sonnigen Tag dargeboten haben mag, sehr fein gezeichnet und gemalt und ordentlich gerahmt. Daneben hängt ein Objekt von Harry Meyer (Jahrgang 1960), dessen Markenzeichen dicke Massen von Ölfarben sind, so dass auf der Leinwand fast ein Relief zustande kommt. Sein Werk mit dem Titel "Hügel" ist sehr bunt und sehr dynamisch, wie von einem Fluß oder Wasserfall durchzogen. Auch Peter Krusche (Jahrgang 1953) bevorzugt bunte Farben, aber mit im Unterschied zu Meyer klaren Flächen und Konturen. Sein Bergmassiv steht im Vordergrund und dominiert das Bild, die Voralpenlandschaft liegt weit dahinter.

Ein konzeptioneller Vergleich stellt den Reiz der neuen Ausstellung im Kunsthaus Fürstenfeldbruck dar. Bilder von Künstlern der sogenannten Brucker Schule sind Werken von zeitgenössischen Malern gegenübergestellt: Hans Bests "Hochzeitslader" dem "Paar III" von Peter Krusche. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Titel "Gegenüberstellung" für die neue Ausstellung im Kunsthaus Fürstenfeldbruck ist passend gewählt, denn der Reiz liegt in der Vielfalt, der Abwechslung, den Kontrasten, die durch die Zusammenstellung von Werken verschiedener Künstler aus Vergangenheit und Gegenwart entstehen. Gezeigt werden fünfzehn Objekte aus der Sammlung der Fürstenfeldbruck Sparkasse, die die Kunsthistorikerin Christiane Greska ausgesucht hat. Es handelt sich um Werke der sogenannten Brucker Schule, einer Gruppe von Künstlern wie Hans Best, Fritz Behrendt, Daniel Holz oder Otto Kubel, die im späten 19. Jahrhundert sowie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Fürstenfeldbruck lebten.

Heinrich von Zügels "Zwei Rinder am Brunnen" und "Kuh mit Kalb" von Ruth Strähuber. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die drei zeitgenössischen Künstler sind Peter Krusche, Harry Meyer und Ruth Strähhuber, die Gerhard Derriks vom Förderverein Kunsthaus Fürstenfeldbruck kennt und schätzt. "Es war ein mehrstufiger Prozess, in dem die Objekte ausgewählt wurden", erzählt Derricks, der die Ausstellung kurstiert

Dabei hat er den Fehler vermieden, einfach immer alte und neue Werke neben einander zu hängen. Diese Konstellation ist zwar auch zu finden, aber eher die Ausnahme. Zum direkten Vergleich animiert ein Landschaftsbild von Behrendt von 1906, eine impressionistische Momentaufnahme, geprägt von einer Baumgruppe, mit einem Werk von Mayer, das dieser eigens für diese Ausstellung angefertigt hat und dessen Schichten noch nicht einmal ganz trocken sind. Es ist die einzige direkte Antwort eines zeitgenössischen Künstlers auf einen älteren Kollegen, man kann die Bäume in dem Relief erahnen, sie wirken wie Schatten von Behrends Gewächsen.

Fritz Behrendts "Gewittersturm" und "Bäume" von Harry Meyer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Teilweise wurden die Bilder nach gleichen oder ähnlichen Motiven sortiert nebeneinander gehängt, manchmal finden sich aber auch Objekte eines Künstlers aus verschiedenen Phasen seines Schaffens, die Entwicklungsprozesse illustrieren. So zeigen die großformatigen Bilder von Krusche stets eine Vielzahl von Menschen, ein bisschen wie auf einem Wimmelbild, wobei die älteren Werke aus den 1970er-Jahren mit Kreide, Pastell und Bleistift in Papier auf Holz entstanden sind. Allmählich wandelt sich die Technik, Lasuren kommen hinzu, schließlich Ölfarben. Seine neueren Werke sind sehr bunt, zeigen Häuser und Menschen in surrealistischer Verfremdung realer Größenverhältnisse. Für Kontraste sorgt nicht nur der Vergleich der alten Brucker Maler, sondern auch unter den Zeitgenossen. Denn Krusche, Mayer und Strähhuber unterscheiden sich voneinander beträchtlich. Fallen bei Krusche die Farben ins Auge und bei Mayer das Reliefartige, so zeichnet sich Strähhuber (Jahrgang 1971) dadurch aus, dass sie auf eine gespachtelte grundierte Leinwand mit stark verdünnten Ölfarben lasierende Malschichten aufträgt. Ausgebildet an der Kunstakademie in Kiew, fühlt sich die Malerin dem russischen Realismus verpflichtet, der Zustände auch ungeschönt abbildet.

Ihr Werk "Kuh mit Kalb" ist neben dem Bild "Zwei Jungrinder am Brunnen" von Heinrich von Zügel (Jahrgang 1850) platziert, einem Künstler aus späten 19. Jahrhundert. Anthropomorphische Zuschreibungen sind immer problematisch, aber Strähhubers Kalb vermittelt Geborgenheit und Urvertrauen, Blick und Kopfhaltung des Muttertieres lassen sich als Fürsorge deuten, aber auch als Hinweis auf das Seufzen der Kreatur unter der Last menschlicher Ausbeutung. Auch bei Zügel stehen die Rinder im Zentrum, sind nicht Beiwerk eines romantisch verklärten Landleben. Gleichwohl ist die Szene eine Idylle, angesichts der Tierhölle der modernen Viehhaltung.

Die Ausstellung "Gegenüberstellung" im Kunsthaus Fürstenfeldbruck im Kloster Fürstenfeld ist bis Sonntag, 21. Oktober, zu sehen.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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