Zuwanderung:Eckpunkte und Streitpunkte

Arbeitgeber und Handwerk loben die Einigung auf ein Zuwanderungsgesetz. Beim sogenannten Spurwechsel für abgelehnte Asylbewerber wurde ein Kompromiss gefunden. Kriterien dafür sollen erarbeitet werden.

Von Jens Schneider, Berlin

Flüchtling bei der Arbeit

Gute Chancen auf dem deutschen Jobmarkt: Immer mehr Geflüchtete arbeiten in festen Arbeitsverhältnissen.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Die Einigung der Bundesregierung auf Eckpunkte für ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte wird vom Handwerk und dem Arbeitgeberverband als wichtiges Signal begrüßt. Die Koalition habe "endlich Handlungsfähigkeit in einem zukunftsträchtigen Politikfeld gezeigt", sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Es sei aus Sicht des Handwerks besonders positiv, dass die Zuwanderung von Fachkräften, die im Handwerk besonders benötigt werden, erleichtert werden soll. Für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sprach Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter von einem "ersten Schritt für ein besseres und unbürokratisches Zuwanderungsrecht".

Kritik an den Beschlüssen kam dagegen von den Oppositionsparteien. Die Bundesregierung hatte sich am frühen Dienstagmorgen auf Eckpunkte für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz geeinigt, das die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften entsprechend dem Bedarf in Deutschland ermöglichen soll. Es sieht gravierende Änderungen gegenüber den bisherigen Regelungen vor. Künftig sollen generell Fachkräfte aus Ländern außerhalb der Europäischen Union in Deutschland eine Arbeit in ihrem Beruf aufnehmen können. Diese Möglichkeit gibt es bisher nur für Hochqualifizierte und Fachkräfte in Mangelberufen. Man werde die bestehenden Regelungen gezielt öffnen sowie klarer und transparenter gestalten, heißt es in dem Papier, das Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorstellten.

Die Oppositionsparteien kritisieren die Lösungen als zu weitgehend oder zu unklar

Zur Arbeitssuche sollen Fachkräfte künftig für ein halbes Jahr einreisen können, dafür müssen sie neben der nötigen Qualifikation die für die Arbeit nötigen Deutschkenntnisse vorweisen können. Sie müssen ihren Lebensunterhalt für diese Zeit selbst sichern können.

Die Vorschriften zur Fachkräfteeinwanderung sollen zudem vereinheitlicht und vereinfacht werden. Damit will die Regierung "den Fachkräften im Ausland ein klares und verlässliches Signal über ihre Chancen und Perspektiven in Deutschland geben". Angesichts der großen Zahl freier Lehrstellen soll auch der Zugang zur Berufsausbildung aus dem Ausland verbessert werden.

Noch keine definitive Verständigung gab es im Streit über den Umgang mit geduldeten Asylbewerbern, die gut integriert sind und hierzulande Arbeit haben. Für sie hatten die SPD, aber auch Teile der CDU die Möglichkeit eines sogenannten "Spurwechsels" gefordert. Ihnen sollte demnach ein Bleiberecht gewährt werden, wenn sie zuvor etwa zu einem bestimmten Stichtag bereits einen festen Arbeitsplatz gehabt hätten, auch wenn ihr Antrag auf Asyl abgelehnt wurde.

In der Union lehnte vor allem die CSU so einen "Spurwechsel" dagegen generell ab. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte das Vorhaben ein falsches Signal an die Welt. Das Eckpunktepapier erteilt nun im Wortlaut eine klare Absage an die Idee des "Spurwechsels". Es betont, dass die Bundesregierung am Grundsatz der Trennung von Asyl- und Erwerbsmigration festhält. Eine Kompromissformel sieht allerdings vor, dass klare Kriterien für einen verlässlichen Status von geduldeten Flüchtlingen entwickelt werden sollen, "die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind". Vom Streit über den von der SPD geforderten "Spurwechsel" sollte am Dienstag keine Rede mehr sein. Die Minister erklärten, man habe eine pragmatische Lösung gefunden.

Die Opposition kritisierte die gefundene Regelung aus verschiedenen Richtungen. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland sagte, dass mit dieser Einigung der "Spurwechsel" beschlossen sei, ohne ihn zu benennen. Damit würden "die Möglichkeiten, einer Abschiebung zu entgehen, massiv ausgebaut". Dagegen forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, weitere Schritte: Es schade allen Seiten, "wenn Menschen, die hier arbeiten oder eine Ausbildungsstelle haben, abgeschoben werden", sagte er. FDP-Vizechefin Katja Suding nannte es nicht nachvollziehbar, wenn etwa ein 23-Jähriger mit Ausbildungsvertrag in einem Altenheim nach Afghanistan abgeschoben werden solle. Sie sagte, genau solche Menschen würden gebraucht.

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