Deutsche Bahn:Auf der Strecke

Die Politik muss mehr Geld in die Bahn investieren. Diese aber sollte sich selbst zuerst besser organisieren. Ein Klein-Klein an Maßnahmen zur Verbesserung des täglichen Betriebs genügt nicht. Die Strukturen des Konzerns sind ineffizient. Dabei könnte die Bahn das beste Verkehrsmittel im Land sein.

Von Markus Balser

Es soll nun auf deutschen Bahnhöfen endlich etwas geschehen. Empörte Kunden und immer mehr Verspätungen führen zu ernsten Konsequenzen: Beim zweiten Krisentreffen mit der Bundesregierung innerhalb von zwei Tagen legte Konzernchef Richard Lutz konkrete Pläne für eine bessere Bahn vor. 200 zusätzliche Mitarbeiter wird der Staatskonzern in den Ausbesserungswerken von Köln und Hamburg einsetzen. Um 0,1 Prozentpunkte wird die Bahn zwischen Würzburg und Nürnberg durch eine Neuorganisation der Abläufe pünktlicher. Zwischen Fulda und Mannheim sollen es sogar 0,2 Prozentpunkte werden. Fast 50 Maßnahmen dieser Art listet die "Agenda für eine bessere Bahn" auf, die der Staatskonzern "zur Steigerung von Qualität und Pünktlichkeit" präsentierte. Viel bringen wird diese kleinteilige Liste allerdings nicht. Wenn schon die Bahn nur von geringen Verbesserungen ausgeht, sind wohl für das laufende Jahr nur kleinste Effekte für den Kunden zu erwarten. Und so zeigt das Dokument zwar, wie die Bahn ihre Probleme in den Griff kriegen möchte. Deutlich wird aber vor allem, was das Größte für die Deutsche Bahn ist: das Klein-Klein im deutschen Schienenverkehr und der hiesigen Verkehrspolitik.

Dass es schon zum Ereignis wird, wenn in einem ICE alles funktioniert, dass Passagiere immer häufiger auf Fernzüge warten müssen und Züge umkehren, bevor sie ihr Ziel erreicht haben, um halbwegs pünktlich zu bleiben, lässt sich nicht mit einer "neuen Generation von Anzeigen" am Bahnhof und der "Anpassung von Haltezeiten" bekämpfen, wie die Bahn glauben machen will. Die schwache Qualität liegt an gravierenden Fehlern im System. Bei der Deutschen Bahn fehlt nach wie vor der große Wurf.

Zu lange wurde für die Bilanz geplant und nicht für die Kunden. Zu lange hat die Politik den Abbau von Personal trotz wachsender Verkehrsströme in wichtigen Sparten für etwas höhere Gewinne mitgetragen. Um besser zu werden, braucht die Bahn jetzt vor allem viel mehr Geld. Bis zum Jahr 2022 fehlen dem bereits hoch verschuldeten Konzern fast fünf Milliarden Euro, um in benötigte Züge, digitale Gleistechnik oder noch mehr Personal zu investieren.

Das wären gut angelegte Investitionen, weil mehr Bahnverkehr das Klima schont und die Probleme auf der Straße verringert. Mehr als 745 000 Staus zählte der ADAC im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen - so viele wie noch nie. Wie am Donnerstag bekannt wurde, verbrachten Autofahrer insgesamt 459 000 Stunden in Staus.

Die Zahlen machen klar: Ein besseres Bahnnetz würde sich für das ganze Land auszahlen. Die Bundesregierung sollte dem Konzern mehr Geld jedoch erst dann zur Verfügung stellen, wenn er die eigenen Abläufe ändert. Denn zu einem der größten Hindernisse für eine bessere Bahn ist längst die Konzernspitze geworden. Es gibt zu viele Hierarchien, der Bahn-Vorstand kann die eigenen Beschlüsse im Wust von 900 Konzerngesellschaften kaum umsetzen. Vorgaben kommen bei den Mitarbeitern nicht an. Die Bahn-Zentrale erfährt zu wenig von den Problemen an der Basis.

Nötig ist 25 Jahre nach der Bahn-Reform ein erneuter Umbau des Unternehmens. Nämlich einer, der Störungen im Betriebsablauf künftig auch abseits der Gleise verhindert.

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