"Tatort" aus Wiesbaden:Und täglich grüßt der Geiselnehmer

Tatort aus Wiesbaden "Murot und das Murmeltier" - Ulrich Tukur als Kommissar Felix Murot

Ulrich Tukur als LKA-Ermittler Felix Murot im neuen Tatort "Murot und das Murmeltier"

(Foto: dpa)
  • Im neuen Tatort von Regisseur Dietrich Brüggemann ist der Wiesbadener LKA-Kommissar Felix Murot (Ulrich Tukur) in einer Zeitschleife gefangen.
  • "Murot und das Murmeltier" überzeugt vor allem, weil Ulrich Tukur diesen Wahnsinn so wahnsinnig spielt.

Von Claudia Tieschky

Wenn Felix Murot im Tatort gastiert, weiß man ziemlich sicher, was man kriegt: Der von Ulrich Tukur gespielte Wiesbadener Ermittler ist für den experimentellen Krimi zuständig. Das kann groß orchestriert und einfach zum Küssen sein wie "Im Schmerz geboren". Muss es aber nicht unbedingt. Wer seinen Tatort gern gut durchgebraten hat, wird bei der neuen Folge "Murot und das Murmeltier" (Buch und Regie Dietrich Brüggemann) schreiend rausrennen. Es ist ja so: Viele Tatorte sind kein ordentlicher Krimi mehr, sie verlegen sich aufs Schräge, sie spielen mit dem Genre, statt den Täter zu jagen. Wahrscheinlich muss man sich das Rennen um den Kafka-Pokal in der ARD inzwischen knallhart vorstellen.

Murot steckt diesmal, wie die wenig dezente Anspielung auf einen bekannten Kinofilm nahelegt, in einer Zeitschleife fest. Er wird morgens zu einem Banküberfall mit Geiselnahme gerufen, der nach Routine aussieht, aber teuflisch ist. Tukur lässt Murot superarrogant in diese Situation hineintänzeln, eine Mittäterin überredet er zum Aufgeben, den eigentlichen Geiselnehmer kriegt er sicher auch leicht rum, aber peng, da ist er erschossen und tot, und bevor man sich von dem Knall erholt hat, ist es wieder halb acht und es heißt, Murot, bitte zur Geiselnahme.

Das geht eine ganze Weile so, ohne dass etwas in dem Fall voranginge. Im Lauf der Variationen will der Bewaffnete in der Bank einmal gleichzeitig eine Villa mit acht Schlafzimmern, einen Ferrari und einen Privatzoo. Murots Job scheint es zu sein, diesen launischen Nichtsnutz von Täter zu seinem wahren Problem zu führen, damit die Sache endlich ein Ende nehmen darf. Nach einer Stunde Zeitschleife sagt jemand: "Tatort, Polizeiruf, Soko, Der Alte, der Junge - immer dasselbe." Okay, kapiert, der Fernsehkrimi selber ist Thema, immer dasselbe wie diese Geiselnahme. Vielleicht ahnten das einige Zuschauer, aber jetzt ist es gesagt, allerdings in einem experimentellen Tatort, was der Aussage vermutlich eine weitere Dimension verleiht. Bloß welche?

Aber einzig und allein aus dem Grund, weil Tukur diesen Wahnsinn so wahnsinnig spielt, weil er in seiner Zeitschleife mal wütet und schreit, es in der nächsten Runde mit Sanftmut probiert, weil er die Nummer wie ein Clown immer wieder gibt und man sich gegen jede Wahrscheinlichkeit plötzlich amüsiert, nur deshalb trotz allem: Pokalsieger!

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