Upload-Filter:Barley wehrt sich gegen die Kritik

SPD zu Europawahlprogramm

Schwierige Doppelrolle: Katarina Barley ist gleichzeitig Bundesjustizministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Europa-Wahl.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Auf Weisung der Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat Deutschland für die Reform des EU-Urheberrechts gestimmt.
  • Kritiker sehen nun das freie Netz in Gefahr und werfen der Regierung vor, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen.
  • Barley widerspricht. Sie betont, die Reform gehe weit über den Streitpunkt Upload-Filter hinaus.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel, Robert Roßmann und Mike Szymanski, Berlin

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) verteidigt ihr umstrittenes Abstimmungsverhalten bei der Reform des EU-Urheberrechts. Mit der Stimme Deutschlands, die auf Weisung der zuständigen Justizministerin ergangen war, hat das Vorhaben am Mittwoch in Brüssel eine wichtige Hürde genommen. Eigentlich soll die Reform Kreativen helfen, für die Nutzung ihrer Werke im Netz vergütet zu werden; Plattformen sollen für Urheberrechtsverletzungen auf ihren Seiten haftbar gemacht werden. Kritiker befürchten jedoch, dass dieser Punkt zum großflächigen Einsatz von Uploadfiltern führen könnte. Sie werfen der Bundesregierung vor, damit den Koalitionsvertrag zu brechen. In diesem hatten Union und SPD einen verpflichtenden Einsatz von Upload-Filtern als "unverhältnismäßig" abgelehnt.

Barley sagte jetzt der Süddeutschen Zeitung: "Deutschland kann die Ausgestaltung so einer europäischen Richtlinie nicht alleine bestimmen." Zudem gehe die Reform weit über diesen Streitpunkt hinaus. Es gehe auch "um bessere Vertragsbedingungen für Künstler und Kreative, um grenzüberschreitende Bildungsangebote oder rechtliche Grundlagen für die Entwicklung künstlicher Intelligenz", sagte Barley. Es wäre "fatal", wenn die EU wegen des Streits über Upload-Filter am Ende "ohne eine Reform dastehen" würde. Sie betonte, dass sie sich in der Bundesregierung dafür eingesetzt habe, die Richtlinie ohne den umstrittenen Passus zu den Filtern zu verabschieden. Jedoch habe sie sich mit dieser Position bei den Koalitionspartnern nicht durchsetzen können.

Man könne nicht "zustimmen und gleichzeitig die Speerspitze des Widerstands" sein wollen

Barley reagierte damit auf teils heftige Kritik aus dem Kanzleramt und aus der CDU. Dort wurde beklagt, die Justizministerin versuche ihre Mitverantwortung für die deutsche Haltung zu verleugnen. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hatte getwittert, Barley habe "als federführende Ministerin" den Kompromiss für die Bundesregierung ausgehandelt und diesem zugestimmt. Hätte ein Minister dem Kompromiss nicht zugestimmt, hätte sich Deutschland in Brüssel enthalten müssen. Braun forderte mit Blick auf Barley: "Man muss mit Kompromissen nicht glücklich sein, aber dazu stehen." Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak äußerte Kritik. Man könne "nicht dem Kompromiss zur Urheberrechtsreform zustimmen und gleichzeitig die Speerspitze des Widerstands dagegen sein wollen", das sei "eine Frage des Charakters", erklärte Ziemiak.

Regierungssprecher Steffen Seibert wies den Vorwurf zurück, man habe gegen den Koalitionsvertrag verstoßen. Die Regierung habe "geschlossen einem europäischen Kompromiss zugestimmt". Es sei darum gegangen, dem Urheberrechtsschutz auch in der digitalen Welt Geltung zu verschaffen. Das Ergebnis sei ein "fairer Ausgleich". Es sei nun an den Mitgliedsstaaten, diese Lösung so umzusetzen, dass den Sorgen der Kritiker möglichst weitgehend Rechnung getragen werde.

Barley steht wegen ihrer Entscheidung unter erheblichem Druck. Netzaktivisten hatten ihr am Montag einen Datenstick mit nach eigenen Angaben mehr als 4,7 Millionen Unterschriften gegen die Einführung der Upload-Filter überreicht, für den März sind europaweit Demonstrationen gegen die Reform geplant. Aber auch Netzpolitiker aus den Reihen von Union und SPD kritisieren das Verhalten der Justizministerin und der Bundesregierung. Maik Beermann, Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss Digitale Agenda, fordert seine Fraktion auf, die Upload-Filter zu stoppen. Der entsprechende Artikel im neuen EU-Urheberrecht sei "total verkorkst". Tiemo Wölken, SPD-Europaabgeordneter, zeigte sich vom deutschen Votum enttäuscht: "Beim Thema Uploadfilter habe ich ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zum Koalitionsvertrag erwartet", sagte er. Wölken wie auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann haben die Hoffnung, dass die Richtlinie noch gestoppt werden kann. "Die SPD möchte Künstler und Kreative zu ihrem Recht verhelfen ohne die Freiheitsrechte einzuschränken", sagte er.

Das Europaparlament muss den Kompromiss zur Urheberrechtsreform noch bestätigen: In der kommenden Woche erst im entsprechenden Ausschuss, voraussichtlich Ende März auch im Plenum. Normalerweise ist das allerdings Formsache.

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