Am 6. Dezember 2017 bekommt Ines Geipel einen Anruf von ihrem Bruder Robby: Ihm bleibe nicht mehr viel Zeit. Ob sie kommen könne. Als sie wenig später auf der Dresdner Palliativstation eintrifft, erklärt er ihr: Glioblastom, 4. Stufe, "der Herrndorf-Tumor". Die beiden haben einander zu dem Zeitpunkt fünf Jahre nicht gesehen, man versteht anfangs nicht, wie das sein kann, schließlich, so spürt man, waren sie einander nicht nur zufällige Geschwister, sondern Lebensverbündete, die in der Kindheit gemeinsam Gewaltexzessen ihres Vaters ausgesetzt waren. "Wir waren uns ein Versteck. Was nicht greifbar sein sollte, was wir sichern mussten, brachten wir beim anderen unter." Jetzt, auf dem Totenbett, sagt Robby, sie solle "darüber schreiben". Am 6. Januar 2018 ist er gestorben, und Ines Geipel stand da mit dem Auftrag ihres Bruders.
"Umkämpfte Zone":Vergletschert
Ines Geipel verbindet die Geschichte ihrer Familie mit einer Analyse des nicht nur ostdeutschen Schweigepakts. Ihr Buch könnte der aktuellen Debatte gut bekommen.
Von Alex Rühle
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