Herrsching:Inspiriertes Duo

Jazz-Duo im Kurparkschlösschen

Sängerin Natalie Elwood begeistert zusammen mit Josef Reßle im Kurparkschlösschen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Natalie Elwood und Josef Reßle im Kurparkschlösschen

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Dieses Konzert war nicht schlecht besucht, dennoch haben es sich viel zu viele entgehen lassen. Das Duo Natalie Elwood (Gesang, Sampler, Melodica) und Josef Reßle (Klavier) ist keine Gelegenheitsformation, sondern ein festes Ensemble, das die Stücke sorgfältig durcharrangiert und formt, die Stärken der beiden Musiker ausspielend. Und die liegen nicht im energischen Powerplay, vielmehr im einfühlsamen Erspüren der feinsinnigen Nuancen, im Austüfteln filigraner Details und Kreieren von berührenden Stimmungen, für die der Konzertsaal im Kurparkschlösschen zu Gast beim Kulturverein Herrsching die perfekte Atmosphäre bot.

Reßle ist ein Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz, der aus beiden Welten das Beste mitnimmt, aber sich letztendlich für die Anwendung im Jazz entschied. 2016 erhielt er den BMW Welt Young Artist Jazz Award. Dass er in München in den Jazzklassen von Leonid Chizhik und Tizian Jost studiert hatte, macht sich bei dem 33-Jährigen vor allem in der Freiheit deutlich bemerkbar, mit der er sich selbst durch die wendigsten harmonischen Konstrukte bewegt. Die Komplexität seiner Soli, ebenso seiner Arrangements, waren nicht gerade eingängig, dafür aber voller Spannung und abenteuerlicher Wirkungen.

Natalie Elwood scheint den Wettbewerben aus dem Weg gegangen zu sein. Dennoch ist die zierliche 36-Jährige eine gefragte Sängerin. Elwood ist eine vielseitige Stimmakrobatin, in deren Vita über ihre eigenen Kompositionen ein Satz sagt: "Neben Elementen des klassischen Vocal-Jazz finden sich darin auch Pop-, Soul- und Folk-Einflüsse, Modernes und Mystisches, Entrücktes und Grooviges". Wer das Konzert in Herrsching besuchte, kann das nur in vollem Umfang unterschreiben, wobei die letzten vier Begriffe weniger das Repertoire betreffen, als vielmehr die Art und Weise, wie das Duo mit den Titeln umging. Im Grunde war es eben weniger wichtig, von wem die Vorlage stammte. Ob nun "Scarborough Fair" von Paul Simon, das funkige "It's About that Walk" von Prince, "Four" von Miles Davis mit dem Text "Of the wonderful Things" oder eben Eigenkompositionen von Reßle und Elwood: Das waren nur Anlässe, Grundmaterial und Stimmungen, um darauf mit fesselnden Dramaturgien eigenwillige Konstellationen aufzubauen. Wobei Reßle nur selten in die Rolle des Begleiters zurücktrat, denn die beiden Musiker fungieren als gleichgewichtiges Duo. Das implizierte, dass Elwood des Öfteren in den instrumentalen Modus schaltete und mit Scat-Gesang und anderen Varianten textlosen Stimmeinsatzes mit dem Klavierpart dialogisierte oder mit ihm eng verflochten kammermusikalische Homogenität austarierte. Besonders reizvoll und spannend fürs Publikum ist immer der Einsatz vom Sampler, um dank der repetitiven Funktion live einen mehrstimmigen Aufbau herzustellen, in dem Elwood sich zu einem Gesangsensemble vervielfältigen konnte. Und dazu noch zu einer Combo, wie in Stings "When we dance", wo Elwood von Bassfiguren bis zu höchsten Bläsertönen oder Cimbalom-Schlägen stimmakrobatisch selbst glockenrein intoniert ausbreitete. Das Publikum zeigte sich begeistert und multiplizierte seine Ovationen auch ohne Sampler - und bekam eine Doppelzugabe.

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