Neubiberg:Firma schnappt nach Frischluftschneise

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Nach und nach wird klar, wie konkret die Pläne für die umstrittene Bebauung des Kapellenfelds bei Unterbiberg bereits sind.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Die umstrittene Bebauung freier Flächen nördlich des Infineon-Campeons im Neubiberger Ortsteil Unterbiberg ist noch weiter gediehen als bisher bekannt war. So hat eine ortsansässige Firma Interesse bekundet, sich auf dem sogenannten Kapellenfeld anzusiedeln. Das ergibt sich aus Unterlagen einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung vom Mai, die der SZ vorliegen. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass die Gemeinde bereits eine städtebauliche Vereinbarung mit dem Grundeigentümer getroffen hat, in der unter anderem geregelt ist, dass der Grundeigentümer die Kosten der Voruntersuchungen trägt.

Im Zusammenhang mit dem interkommunalen Strukturkonzept Hachinger Tal plant die Stadt München an der Gemeindegrenze Wohnbebauung, Neubiberg will auf seinem Gebiet Gewerbe ansiedeln. Die betreffende Fläche gehört dem Familienkonglomerat von Finck, für die Entwicklung der Fläche mit Gewerbe wurde eine eigene Gesellschaft gegründet. Die anvisierte Bebauung steht in der Kritik, weil sich die Fläche im regionalen Grünzug befindet und es große Sorge um die Frischluftversorgung in der Region gibt.

Den Namen des Unternehmens will der Bürgermeister nicht preisgeben

Welche Firma Interesse an dem Areal bekundet hat, ob es eventuell der benachbarte Chiphersteller Infineon ist, will Bürgermeister Heyland nicht preisgeben. "Zum Schutz des Unternehmens" könne er dessen Namen nicht nennen. Durch die Absichtserklärung sieht Heyland auch noch keine Vorentscheidung über eine Gewerbeansiedlung im Grünzug getroffen.

Wie sich aus den nichtöffentlichen Unterlagen ergibt, weicht ein erstes vom Eigentümer vorgelegtes Bebauungskonzept für das Kapellenfeld vom Strukturkonzept ab. So könnte es bei der Baudichte laut den Unterlagen zu einer Steigerung von bis zu 40 Prozent kommen. Dazu sagt Neubibergs Bauamtsleiter Christian Einzmann: "Dass der Eigentümer Ideen hat zu seinem Grundstück, das können wir nicht verhindern." Mit der Gemeinde gebe es lediglich das gemeinsame Ziel, dort eine Bebauung anzustreben. Einzmann betont, dass das vorgeschriebene öffentliche Verfahren wie üblich eingeleitet werde und das Bauvorhaben objektiv nachvollziehbar abgewogen werden müsse. "Eine konkrete Planung gibt es nicht. Es gibt den Vorschlag für eine Raumordnung", sagt auch Heyland.

Aus den der SZ vorliegenden Unterlagen ergibt sich ferner, Vorgespräche mit der Regierung von Oberbayern hätten ergeben, dass sich die Gemeinde parallel zu einem Änderungsverfahren für den Flächennutzungsplan mit dem Regionalen Planungsverband abstimmen muss. Laut Heyland hat es auch bereits Gespräche mit dem Regionalen Planungsverband gegeben.

Dass vertrauliche Sitzungsunterlagen aus einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung an Medien weitergegeben wurden, darüber zeigt sich Neubibergs Bürgermeister nach eigenen Worten "erstaunt, wenn nicht entsetzt". "Dies ist kein Zufall oder Versehen. Das ist unredlicher Wahlkampf und unanständig", schreibt Heyland in einer offiziellen Stellungnahme. Offenbar habe ein Gemeinderatsmitglied vergessen, was sein Amtseid von ihm verlange. Der Neubiberger Bürgermeister behält sich vor, die Rechtsaufsicht einzuschalten, und hat die Fraktionssprecher zu einem Treffen aufgefordert.

Den vor allem vom Grünen-Bürgermeisterkandidat Kilian Körner erhobenen Vorwurf der Intransparenz weist Heyland mit Blick auf die Rechtslage zurück: "Es gibt Grenzen, was öffentlich bekannt gegeben werden darf." Wenn Interessen Dritter betroffen seien, sei die Gemeinde zu Vertraulichkeit verpflichtet. Der Bürgermeister verwahrt sich insbesondere gegen die Behauptung Körners, in der Bürgerversammlung in Unterbiberg gelogen zu haben, indem er sagte, es gebe noch keine Planungen. "Das ist bodenlos und eine Diskreditierung des Bürgermeisters in der Öffentlichkeit", so Heyland.

Es sollen auch Alternativszenarien betrachtet werden

Heyland verweist darauf, dass der Gemeinderat mit 17 zu zwei Stimmen dafür gestimmt habe, dass die Gemeinde mit dem Eigentümer des Kapellenfelds besagten städtebaulichen Vertrag abschließt, der die Kostenübernahme weitgehender Untersuchungen durch den Grundeigentümer festlegt. Die Untersuchungen hätten das Ziel, verlässliche Informationen zu gewinnen, ob "eine Bebauung des Kapellenfelds möglich ist, ohne durch diese Entwicklung die Funktion des regionalen Grünzugs und der Frischluftschneise zu beeinträchtigen".

Dabei würden auch Alternativszenarien betrachtet, bei diesen handle sich aber um keinen verbindlichen Plan. Das Ergebnis der Untersuchungen soll laut Heyland im kommenden Sommer vorliegen. Dann wisse man, ob eine mit dem Grünzug verträgliche Bebauung möglich ist. Auch erst dann könne man sagen, wie eine Bebauung von der Höhe und der Dichte her aussehen könnte.

Wenn die Untersuchungen die Möglichkeit einer verträglichen Bebauung ergäben, halte er diese für richtig und geboten angesichts der Ortsentwicklung und zum Zwecke der "Bindung wertvoller Arbeitgeber vor Ort", so der Bürgermeister. Genau diese Entwicklung habe der Gemeinderat in vielen Einzelentscheidungen beschlossen. Bürgermeister Heyland verweist zudem darauf, dass die fast gleichlautende Rahmenplanung Unterbiberg, die Vorstufe des Strukturkonzepts, ausführlich öffentlich diskutiert worden sei. Er versichert: "Niemand von den angrenzenden Bürgern muss befürchten, dass sie die Leidtragenden sind."

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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