Hedging gegen hohe Kerosinpreise:Kräftig verspekuliert

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Das wird teuer: Viele Fluggesellschaften haben verfehlte Sicherungsgeschäfte für hohe Kerosinpreise abgeschlossen, nur die Lufthansa lag richtig.

Jens Flottau

Fluggesellschaften haben sich weltweit bei ihren Treibstoffkosten in großem Stil verspekuliert. Allein für die zweite Jahreshälfte 2008 bleiben sie laut Analystenberechnungen auf zusätzlichen Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Dollar gegenüber Marktpreisen sitzen, weil sie bei ihren Sicherungsgeschäften von steigenden Ölpreisen ausgegangen waren.

Betankung eines Lufthansa-Jets: Die Fluglinie setzt bei ihrem Hedging gegen hohe Kerosinpreise auf Optionsgeschäfte und macht dabei gerade einmal wieder gute Erfahrungen. (Foto: Foto: dpa)

In Europa sind Air France-KLM und Easyjet am stärksten betroffen, während Lufthansa, British Airways und Ryanair glimpflicher davon kommen.

Bis zum 11. Juli 2008 war der Ölpreis auf die Rekordhöhe von 147 Dollar pro Barrel gestiegen, seither ist er aber um fast 70 Prozent gefallen.

Angesichts von Prognosen seriöser Analysten, der Preis könne auf bis zu 200 Dollar steigen, haben viele Airlines zum Teil panikartig die so genannten Hedging-Verträge unterschrieben, zu aus heutiger Sicht astronomisch hohen Preisen.

Belastungen in Milliardenhöhe

Weil die Verträge über einen längeren Zeitraum gelten, müssen die Fluggesellschaften nun deutlich mehr für Treibstoff ausgeben, als die Marktpreise erwarten lassen.

Der International Air Transport Association (IATA) zufolge gibt es noch keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viel Geld die Branche durch die ungünstigen Verträge verlieren wird. Die Fehlspekulationen haben aber verheerende Auswirkungen.

Die Investmentbank Merrill Lynch rechnet für die neun größten asiatischen Fluggesellschaften mit einer Belastung von 3,8 Milliarden Dollar für 2008. United Airlines hat das Hedging alleine im vierten Quartal des vergangenen Jahres fast eine Milliarde gekostet. Air France-KLM machte im abgelaufenen Quartal einen Verlust von 200 Millionen Euro und zahlte mehr als doppelt so viel für den Sprit.

Easyjet konnte zwar den Umsatz um 32 Prozent steigern, weil vor allem Geschäftsreisende auf die meist günstigeren Verbindungen umgestiegen sind. Doch angesichts einer ähnlich ungünstigen Ausgangslage beim Hedging dürfte der Zuwachs beim (noch nicht veröffentlichten) Gewinn deutlich darunter liegen.

Konkurrent Ryanair hatten die Rekordpreise nahezu voll getroffen, weil sich die Airline fast gar nicht abgesichert hatte, davon profitiert der Billig-Anbieter nun umso mehr.

Beim Hedging gibt es zwei unterschiedliche Instrumente. Die meisten Airlines decken sich mit sogenannten Swaps ein: Steigt dabei der Kerosinpreis über einen bestimmten Wert, übernimmt die finanzierende Bank einen Teil der Zusatzkosten. Im umgekehrten Fall profitiert die Airline nicht so stark von fallenden Preisen. Wesentlich komplexer sind Put- und Call-Optionen. Die Optionsgeschäfte erlauben aber mehr Flexibilität.

Als eine der wenigen Airlines setzt die Lufthansa auf diese Form des Hedging und macht damit gerade wieder einmal gute Erfahrungen.

Verlierer auch Austrian Airlines

Obwohl sich die größte deutsche Fluggesellschaft für 2009 bereits vor dem Preissturz sehr weitgehend abgesichert hatte, sinken ihre Treibstoffausgaben im laufenden Jahr von 5,4 auf 3,7 Milliarden Euro. Laut UBS entspricht die Differenz ungefähr dem Betrag, den das Unternehmen auf der Umsatzseite durch den erwarteten Rückgang bei den Durchschnittserlösen (Yields) im laufenden Jahr verlieren wird.

Zu den Verlierern im Hedging-Poker gehört auch Austrian Airlines, die gerade von der Lufthansa übernommen wird. Sie hatte ihren Bedarf nach Angaben aus Branchenkreisen bei einem Ölpreis um die 120 Dollar teilweise abgedeckt. Nun sinken rezessionsbedingt auch die Passagierzahlen - im Dezember um sieben Prozent. Austrian wird voraussichtlich auch 2009 einen hohen Verlust einfliegen, hingegen rechnet die Konzerntochter Swiss trotz allem mit einem Gewinn.

© SZ vom 23.01.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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