Energiepolitik:Für die Tonne

Der Konsens über den Ausstieg aus der Kohle steht vor dem Aus. Für die große Koalition ist das ein Eigentor.

Von Michael Bauchmüller

Bei der Entschädigung ihrer Braunkohlereviere waren die Länder ganz genau. Mit spitzem Bleistift haben sie jeden Cent Strukturhilfe nachgerechnet. Die Einigung der Kohlekommission sollte buchstabengetreu umgesetzt werden - solange es ums Geld ging. Nur als die Braunkohleländer vorige Woche mit dem Bund über den Kohleausstieg verhandelten, waren sie beim Klimaschutz weniger penibel: Da durften auch ein paar Millionen Tonnen CO₂ mehr rauskommen. Die Bundesregierung machte mit.

Das Ergebnis ist ein Desaster nicht nur fürs Klima. Sollten tatsächlich acht Wissenschaftler und Umweltschützer aus Protest den so mühsam gefundenen Kompromiss aufkündigen, dann wird er wertlos. Er repräsentiert nicht mehr die ganze Breite der Gesellschaft, sondern im Wesentlichen die Interessen von Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik. Ein solcher Konsens verdient den Namen nicht.

Für die große Koalition ist das ein Eigentor. Eigentlich wollte sie den Streit um die Klimapolitik entschärfen und so den Grünen das Lieblingsthema entwinden. Beim Klimapaket ist ihr das im zweiten Anlauf - und mithilfe des Vermittlungsausschusses - sogar halbwegs gelungen. Der Streit über die Zukunft der Kohle dagegen ist nun wieder entfacht. Auf den nächsten Wahlkampf dürfen sich die Grünen schon freuen.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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