US-Vorwahl in Iowa:Nicht wahlentscheidend, nicht repräsentativ - aber eine Blamage

Das Ergebnis in Iowa ist nur von symbolischer Bedeutung. Umso verheerender ist der Eindruck, den jetzt die Demokraten hinterlassen: eine Versagerpartei, die nicht mal eine Vorwahl organisieren kann. Der Sieger heißt: Donald Trump.

Kommentar von Stefan Kornelius

Die Vorwahl in Iowa hatte schon immer mehr folkloristische Bedeutung als politische Relevanz. Die US-Bundesstaaten stehen in lokalpatriotischem Wettbewerb, und wer den ersten politischen Impuls im Wahljahr setzen darf, der hebt sich aus der Masse heraus. Das bringt erstens viel Geld durch lokale Wahlkampfwerbung und reisende Politiker-Trosse. Und zweitens schadet die Aufmerksamkeit nicht, weil sie sich außerhalb der Wahlsaison in bevorzugter Behandlung bei der Verteilung von Steuergeldern niederschlagen kann.

Politisch ist der Kampagnenauftakt in Iowa nicht wahlentscheidend, weil die bedeutenden Bundesstaaten - gemessen an der Zahl der Wahlmänner - später zur Urne gehen. Iowa stößt zwar eine erste Dynamik an, die allemal schwachen Kandidaten räumen in der Regel anschließend das Feld. Die Kandidaten aber wissen, dass die Platzierung etwa beim Super-Tuesday im März von größerer Relevanz ist, wenn in 15 Bundesstaaten entschieden wird.

Gerade für die Demokraten gilt: Iowa ist alles andere als repräsentativ für die USA, weil die mehrheitlich weiße und ältere Wählerschaft andere Präferenzen setzt als Anhänger der Demokraten in den gewichtigen Bundesstaaten Florida oder Pennsylvania. Michael Bloomberg, der New Yorker Milliardär, hat sich als einziger Kandidat der eigenwilligen Vorwahl-Logik entzogen und tritt nur in jenen Bundesstaaten an, die für die Mehrheitsfindung wirklich wichtig sind. In Iowa stand er nicht zur Abstimmung.

Das Auszählungs-Debakel der demokratischen Partei ist insofern mehr von symbolischer Relevanz. Das Ergebnis wird später kaum Gewicht haben. Nächste Woche wird schon wieder gewählt, in New Hampshire. Aber: Weil lediglich Symbolismus zählt in Iowa, ist der Schaden für die Demokraten umso größer. Die geballte Aufmerksamkeit der Nation galt, so sieht es nun aus: einer Versagerpartei, die nicht einmal eine Vorwahl organisieren kann. Wer gegen die Trump-Maschine bestehen will, muss dem Präsidenten die Aufmerksamkeit rauben - aber nicht durch eine Blamage wie in Iowa. Die Demokraten haben Trump noch dazu das billige Argument geschenkt: Nicht mal zählen können sie.

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Iowas Rolle im Vorwahlzirkus dürfte damit zumindest zur Debatte stehen. Entscheidend aber ist, dass nun die gesamte Kandidatenschau überschattet wird von der zentralen Frage, die den demokratischen Prozess in den USA schon seit vielen Jahren belastet: Wie eigentlich soll ein System Vertrauen generieren und der ganzen Welt zum Vorbild dienen, wenn es offenbar nicht einmal eine faire und gleiche Wahl garantieren kann?

Das Wahlsystem der USA steckt voller Schwächen und Fehler. Technische Probleme haben schon die Präsidentschaftswahl 2000 entschieden. Wahlmanipulation aus dem Ausland raubt der Trump-Präsidentschaft die Legitimität. Die Wahlmänner-Logik steht im Widerspruch zum Mehrheitswillen der Bevölkerung. Und Probleme bei der Registrierung werfen ernste Fragen zur Gleichheit vor der Urne auf. Iowa zeigt all die Probleme in peinlicher Verdichtung: Eine Partei ist organisatorisch überfordert, die Technik versagt, Spekulationen über Manipulation schießen ins Kraut. So verliert die Demokratie ihre Glaubwürdigkeit.

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