Kommunalwahl in Bayern:Das Regensburger Frauen-Duell

Kommunalwahl in Bayern: Astrid Freudenstein (links) will für die CSU ins Regensburger Rathaus, Gertrud Maltz-Schwarzfischer will für die SPD den Erfolg holen.

Astrid Freudenstein (links) will für die CSU ins Regensburger Rathaus, Gertrud Maltz-Schwarzfischer will für die SPD den Erfolg holen.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Die beiden Kandidatinnen Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) und Astrid Freudenstein von der CSU liefern sich heftige Wortattacken - es geht vor allem um den Umgang mit der Corona-Krise.

Von Andreas Glas, Regensburg

Man erwischt Astrid Freudenstein auf dem Handy, im Auto, auf dem Weg nach Berlin. Mittwoch, 11.40 Uhr, in zwei Stunden muss sie im Bundestag sein. Zur Abstimmung über das 156-Milliarden-Hilfspaket in der Corona-Krise. Krisengespräche, Telefonkonferenzen, viel zu tun, sagt Freudenstein. Ihre Kontakte in die Bundespolitik, ihre Nähe zur CSU-Parteispitze, darin sieht Freudenstein einen Trumpf im Regensburger Wahlkampf, der mit ihrem Einzug ins Rathaus enden soll, als Oberbürgermeisterin. Sie spielt diesen Trumpf gerne aus. Sie tut das seit Monaten, nicht erst seit Corona. Aber jetzt sorgt das für einigen Zündstoff.

Los ging der Zoff am vergangenen Freitag, im Studio des Lokalfernsehsenders TVA. Titel der Sendung: "Das Stichwahl-Duell". Rechts am Pult stand Astrid Freudenstein, 46, OB-Kandidatin der CSU, gelber Blazer. Links Gertrud Maltz-Schwarzfischer, 59, SPD-Kandidatin, blauer Blazer, derzeit Rathauschefin, da der bisherige OB Joachim Wolbergs wegen Korruptionsvorwürfen suspendiert ist. Zwischen den zwei Frauen: drei Meter Sicherheitsabstand und der Moderator. "Was unterscheidet Sie denn von der Gegenkandidatin?", wollte der Moderator direkt von Freudenstein wissen. Antwort: "Ich glaube, dass ich Entscheidungen sehr viel schneller und beherzter treffen würde." Zum Beispiel "im Zuge der jetzt bestehenden Corona-Pandemie". Rumms!

Zu spät habe die Stadt an die Regensburger appelliert, sich nicht mehr draußen zu versammeln. Zu lasch habe sie Verstöße kontrolliert. Zu lange habe ihre Gegenkandidatin noch Wahlkampf gemacht statt gescheites Krisenmanagement. Das alles rieb Freudenstein ihrer Gegnerin am anderen Ende des Stehpults hin. Und die konterte sehr angepiekst: "Das ist schlicht und einfach nicht wahr." Sie habe in der Corona-Krise "sehr beherzt" und "sehr früh gehandelt". Und überhaupt, sagte Gertrud Maltz-Schwarzfischer: "Mit diesem Thema Wahlkampf zu machen", das sei doch "unwürdig". Peng!

Rumms! Peng! Wäre der Regensburger Stichwahlkampf ein Trickfilm, es würden gerade überall diese bunten Comic-Sprechblasen aufploppen. Beruhigt hat sich die Lage auch eine Woche nach dem Fernsehduell nicht. "Unsäglich" sei das Verhalten ihrer Kontrahentin, sagt Maltz-Schwarzfischer am Mittwoch am Telefon. Krisengespräche, Telefonkonferenzen, auch sie hat viel zu tun. "Für Wahlkampf bleibt praktisch keine Luft", sagt Maltz-Schwarzfischer. Aber ein bisschen Atem hat sie dann doch übrig, um die eine oder andere Spitze zu setzen. "Sie ist einfach nicht richtig informiert", sagt Maltz-Schwarzfischer über Freudenstein.

Nicht informiert, zu weit weg von der Regensburger Stadtpolitik. Das Mandat in Berlin, das Freudenstein gern als Trumpf vor sich herträgt, kehrt Maltz-Schwarzfischer nicht weniger gern als Handicap ihrer Gegnerin heraus. Seit inzwischen drei Jahren vertritt Maltz-Schwarzfischer, eigentlich Zweite Bürgermeisterin, den suspendierten OB. Seit drei Jahren hat sie also bewiesen, dass sie eine Krise managen kann. So sieht sie das jedenfalls selbst. Umso mehr ärgert sie sich, dass Freudenstein nun ausgerechnet ihre Fähigkeiten als Krisenmanagerin anzweifelt. "Ich habe das gut gemacht", findet Maltz-Schwarzfischer. Und finden wohl auch die 13 416 Regensburger (22,15 Prozent), die sie vor knapp zwei Wochen in die Stichwahl gewählt haben.

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Ruhig, fleißig, sachlich. Das sagen viele über die SPD-Politikerin. Und viele meinen das als Kompliment. Es gibt aber auch welche, die finden, dass das nicht genug sei. Dass Maltz-Schwarzfischer die Stadt in der Korruptionskrise zwar gut verwaltet habe, aber nicht gestaltet. Dass sie etwas zu ruhig sei, zu sachlich, zu zögerlich. Eine dieser Kritikerinnen ist, Überraschung: Astrid Freudenstein. Sie hat im ersten Wahlgang mehr Stimmen geholt als Maltz-Schwarzfischer: 17 864, macht ganz genau 29,5 Prozent. Aber macht sie das automatisch zur Favoritin in der Stichwahl an diesem Sonntag?

Corona könnte den Wahlkampf entscheiden

Wer nach dem ersten Durchgang der OB-Wahl nur auf die Ergebnisbalken schaut, kann da Zweifel haben. Denn auf Platz drei und vier landeten Wolbergs (17,71 Prozent), der für den Wahlverein "Brücke" antrat, und Grünen-Kandidat Stefan Christoph (14,41 Prozent). Beide haben ihren Wählern empfohlen, in der Stichwahl für Maltz-Schwarzfischer zu stimmen. Tun sie das am Ende auch, hätte Freudenstein keine Chance. Aber so einfach dürfte das Rechenspiel dann doch nicht sein.

Zwar dürften die Wähler des Ex-SPD-Politikers Wolbergs der SPD inhaltlich näher stehen als der CSU. Andererseits nehmen viele Wolbergs-Anhänger der SPD übel, dass sie den OB nach seiner Suspendierung fallen ließ. Dass Maltz-Schwarzfischer jetzt auch noch angekündigt hat, dass Wolbergs unter ihrer Führung sicher nicht Zweiter oder Dritter Bürgermeister werde, dürfte sie erst recht geärgert haben. Und anders als früher gibt es längst auch Grünen-Wähler, die sich vorstellen können, ihr Kreuz bei einer CSU-Kandidatin zu machen.

Vielleicht ist am Ende ja tatsächlich die Corona-Krise der entscheidende Faktor - und die Frage, wen die Wähler für fähiger halten, sie durch diese Krise und deren Folgen zu führen, die natürlich auch die Stadtpolitik in Regensburg noch lange bestimmen dürften. Wird die SPD-Kandidatin davon profitieren, dass sie wegen der Korruptionsaffäre bereits krisenerprobt ist? Wird die allgemeine Zustimmung für die aktuelle Krisenpolitik ihres Parteichefs Markus Söder auf die CSU-Kandidatin in Regensburg abfärben? Beides könnte eine Rolle spielen.

Womit man wieder beim großen Zoff wäre. Rumms! Peng! Wer das Fernsehduell gesehen hat oder eine der vorherigen Wahlkampfdebatten, der sah eine SPD-Kandidatin, die sehr sachkundig auftrat, aber auch etwas spröde, eine mitreißende Rednerin wird aus Gertrud Maltz-Schwarzfischer wohl nicht mehr werden. Auf der anderen Seite sah man eine CSU-Kandidatin, die ihr Lächeln zuverlässig anknipsen, gut und forsch reden kann - aber nicht immer sattelfest wirkt, wenn es um die Regensburger Stadtpolitik geht. Das war auch jetzt zu beobachten, in der Corona-Debatte. Dass Freudenstein etwa ein Testzentrum forderte, das es am Uniklinikum längst gibt, war unglücklich - und könnte auf manche tatsächlich gewirkt haben, als wolle da jemand die Pandemie als Waffe im Stichwahl-Duell einsetzen.

Wer dieses Duell gewinnt, wird man am Stichwahlsonntag aber noch nicht erfahren. Um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, wird die Stadt keine Wahlhelfer einsetzen, sondern ihre eigenen Mitarbeiter. Die Auszählung beginnt deshalb erst am Montagmorgen.

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