Coronavirus:Schwierige Suche nach gemeinsamer Exit-Strategie

18 04 2019 Kamp Lintfort Nordrhein Westfalen Deutschland Themenbild Schulbildung Fassade des s

Ein typisches Bild vor deutschen Schulen diesertage: Fassade des städtischen Gymnasiums in Kamp-Lintfort, Nordrhein-Westfalen.

(Foto: Rupert Oberhäuser/imago images)
  • Mehrere Ministerpräsidenten deuten an, dass die Einschränkungen aufgrund des Coronavirus bald schrittweise gelockert werden könnten.
  • Andere äußern sich hingegen zurückhaltender.
  • Trotz zahlreicher Appelle ist unklar, ob die Konferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel am Mittwoch einheitliche Lösungen für die Bundesländer hervorbringt.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Vor der Konferenz der Ministerpräsidenten am Mittwoch, die sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus verständigen wollen, haben mehrere Landespolitiker Lockerungen in Aussicht gestellt. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte am Dienstag nach einem Treffen mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU), er könne sich vorstellen, dass Bund und Länder mit "großer Übereinstimmung" entscheiden, dass sie "im Einzel-, vielleicht auch im Großhandel eine Öffnung vornehmen".

Ein Teil des Schulunterrichts könnte Bouffier zufolge ebenfalls wieder beginnen - allerdings zunächst nur für Schüler, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, sagte er. In der hessischen Landesregierung glaube man, dass "bei älteren Schülerinnen und Schülern der notwendige Appell, Abstand zu halten, Hygienevorschriften einzuhalten, wesentlich besser gelingen kann als bei Kindern in der Grundschule". Auch Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hält es für sinnvoll, "dass wir beim Wiedereinstieg mit den Schülern beginnen, die in diesem Jahr ihre Abschlussprüfungen schreiben", sagte sie. Das gelte auch für die Schüler der beruflichen Schulen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, er erwarte von der Konferenz am Mittwoch zwar einheitliche Maßstäbe zum weiteren Umgang mit den Einschränkungen, aber auch flexible Lösungen für jedes einzelne Bundesland. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) kündigte bereits einen Vier-Stufen-Plan an, den sie im Anschluss an das Gespräch vorstellen wolle. In Berlin sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), er gehe davon aus, dass frühestens Ende April mit Änderungen der Ausgangsbeschränkungen zu rechnen sei. In anderen Ländern wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Bayern warnte man unterdessen vor einem übereilten Ausstieg aus den Vorkehrungen zur Verlangsamung der Pandemie.

Das Robert-Koch-Institut reagiert zurückhaltend

Bundesgesundheitsminister Spahn appellierte an die Länderchefs, am Mittwoch einen "einheitlichen Rahmen" für ihre Lockerungen zu beschließen. Politik und Kommunikation innerhalb Deutschlands abzustimmen sei sehr wichtig, sagte er. Zumal die EU-Kommission von den Mitgliedsstaaten gefordert hatte, keine Alleingänge zu machen: "Es ist Zeit, eine gut koordinierte Exit-Strategie der EU zu entwickeln", hieß es in einem Entwurf für Empfehlungen der Kommission, der noch in dieser Woche verabschiedet werden soll.

Spahn deutete jedoch bereits an, dass aus seiner Sicht nicht so schnell mit einer vollständigen Aufhebung der Kontaktverbote zu rechnen sei. "All die Maßnahmen, die wir getroffen haben, wie Abstand halten, das Tragen von Masken, der Verzicht auf Feste, das sind definitiv Maßnahmen, die für die kommenden Monate bestehen bleiben müssen", sagte er in einem Fernsehinterview. Er sprach von einer "neuen Normalität", die Deutschland nun bevorstünde.

Aktuelles zum Coronavirus - zweimal täglich per Mail oder Push-Nachricht

Alle Meldungen zur aktuellen Lage in Deutschland und weltweit sowie die wichtigsten Nachrichten des Tages - zweimal täglich im SZ am Morgen und SZ am Abend. Unser Newsletter bringt Sie auf den neuesten Stand. Kostenlose Anmeldung: sz.de/morgenabend. In unserer Nachrichten-App (hier herunterladen) können Sie den Nachrichten-Newsletter oder Eilmeldungen auch als Push-Nachricht abonnieren.

Fahrt aufgenommen hatte die Ausstiegsdebatte durch die Empfehlung der Nationalakademie Leopoldina in Halle am Montag, gesellschaftliche Einschränkungen nun vorsichtig zurückzunehmen. Die Wissenschaftler hatten sich besonders für die schrittweise Öffnung der Grundschulen ausgesprochen, auch um soziale Folgen der Krise abzumildern. Kanzlerin Merkel hatte im Vorfeld betont, der Rat dieses Gremiums sei "sehr wichtig" für sie.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) begrüßte am Dienstag ebenfalls, "dass konkrete Schritte zurück in die Normalität geplant werden". Eltern stießen bei der Kinderbetreuung neben ihrem Beruf zunehmend an ihre Grenzen. Für Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen sei diese Lage besonders prekär. Auch vor diesem sozialen Hintergrund forderten die Grünen, wie von der Leopoldina empfohlen die Grundschüler wieder zu betreuen. "Den Zustand, wie wir ihn jetzt seit einiger Zeit haben, den brauchen wir nicht mehr", sagte auch FDP-Chef Christian Lindner. Mittlerweile sei beispielsweise mehr Schutzausrüstung verfügbar und die Menschen hätten gelernt, voneinander Abstand zu halten.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, reagierte dagegen zurückhaltend auf die Diskussion, die das Leopoldina-Papier entfacht hat. Zwar falle der Blick auf die Infektionszahlen und die Klinikkapazitäten in Deutschland derzeit positiv aus. Doch Grundschüler wieder in die Schule zu schicken, halte er für "epidemiologisch" wenig sinnvoll. Er selbst könne aber auch nur beraten: "Die Entscheidungen dazu werden von Politikern getroffen", sagte er.

Zur SZ-Startseite
Leeres Klassenzimmer

MeinungCorona-Krise
:So früh wie möglich die Schulen öffnen

In der Krise zeigt sich noch deutlicher: Die Herkunft entscheidet. Wo es vorher nicht gelaufen ist, läuft es jetzt erst recht nicht. Je jünger die Kinder, desto weniger helfen digitale Mittel - und desto mehr fehlt die Schule.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: