Fall Amthor:Warnsignal für das Parlament

Philipp Amthor

Philipp Amthor will Vorsitzender der CDU in Mecklenburg-Vorpommern werden.

(Foto: dpa)

Das Fehlverhalten Amthors ist nicht nur ein Problem der CDU, sondern auch eines des Bundes­tags.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Das Erstaunlichste an Fällen wie dem von Philipp Amthor ist, dass sie fast nie Konsequenzen haben. Und das dürfte dann auch schon der wichtigste Grund dafür sein, warum sie immer wieder vorkommen. Um zu ermessen, wie groß die Defizite sind, reicht ja ein Blick auf die jüngsten Vorkommnisse.

Die Verhaltensregeln des Bundestages verpflichten die Abgeordneten, Nebeneinkünfte innerhalb von drei Monaten zu melden. Der CSU-Abgeordnete Max Straubinger hat dagegen fast 20 Mal verstoßen, das erste Mal im Jahr 2011. Aber erst jetzt - neun Jahre später - wurde Straubinger dafür vom Bundestagspräsidium öffentlich gerügt. Auf die Verhängung eines Ordnungsgeldes, auch das wäre möglich gewesen, verzichtete das Präsidium. Solange derart lax mit Verstößen umgegangen wird, helfen die besten Verhaltensregeln nichts.

Besonders deutlich zeigt das der Fall Karin Strenz. Die CDU-Abgeordnete hatte Geld von einer Lobbyfirma genommen, die vom Regime in Aserbaidschan finanziert wird. Gleichzeitig stimmte Strenz in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gegen eine Forderung zur Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan. Trotzdem wurde sie nicht aus der Unionsfraktion ausgeschlossen. Im vergangenen Jahr verhängte das Bundestagspräsidium zwar ein Ordnungsgeld gegen Strenz. Aber nicht wegen ihres dubiosen Einsatzes, sondern nur dafür, dass sie die Einkünfte nicht rechtzeitig gemeldet hat.

Strenz stammt übrigens aus Mecklenburg-Vorpommern, womit man wieder bei Amthor wäre. Dass sich ein Abgeordneter für ein Unternehmen einsetzt, ist nicht prinzipiell anrüchig. Im Gegenteil: Es wird von Parlamentariern erwartet, auch die Arbeitsplätze in ihren Wahlkreisen im Blick zu haben. Amthors Engagement für Augustus Intelligence ist trotzdem beklagenswert - und zwar in doppelter Hinsicht. Der CDU-Abgeordnete hat sich von dem Unternehmen Aktienoptionen und einen Titel ("Board Member") geben lassen. Außerdem kann Amthor nicht plausibel erklären, warum er sich überhaupt für die Firma starkgemacht hat. Augustus Intelligence hat seinen Sitz in New York, Amthor ist Abgeordneter des Wahlkreises "Mecklenburgische Seenplatte I - Vorpommern-Greifswald II". Und bisher ist das Unternehmen noch durch kein Produkt aufgefallen, das eine Unterstützung über einen Ozean hinweg rechtfertigen würde.

Amthor hat sein Verhalten inzwischen als Fehler bezeichnet. Aber damit darf der Fall nicht abgeschlossen sein. Amthor möchte Landesvorsitzender seiner Partei und der nächste Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns werden. Kommt für solche Ämter jemand infrage, der sich auf derart fragwürdige Weise von einem Unternehmen benutzen lässt?

Amthors Fehlverhalten ist aber nicht nur ein Warnsignal für die CDU, sondern auch für den Bundestag: Wenn ihm sein Ruf wichtig ist, muss das Parlament die Fälle Strenz, Straubinger und Amthor zum Anlass nehmen, sich endlich tatsächlich wirksame Transparenz- und Kontrollpflichten aufzuerlegen. Die derzeitige Praxis gefährdet die Glaubwürdigkeit des Bundestags. Es ist nicht hinnehmbar, dass Aktienoptionen, wie sie Amthor erhalten hat, bisher nicht offengelegt werden müssen. Und erst recht ist es nicht vermittelbar, dass es immer noch kein Lobbyregister gibt.

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