Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Attacke auf das private Böllern

Silvester in München, 2011

Müll, Dreck und Gestank: Wenn Silvester vorüber ist, sehen weite Teile der Stadt - hier die Reichenbachbrücke - wie ein Schlachtfeld aus.

(Foto: Stephan Rumpf)

Im Stadtbezirk wollen die Politiker mit einem Drei-Stufen-Plan durchsetzen, dass Mensch und Natur künftig vom Silvester-Feuerwerk verschont werden. Als erstes soll das Verbot entlang der Isar greifen

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Die Münchner sehen das private Abschießen von Silvesterböllern zunehmend skeptisch: In den vergangenen eineinhalb Jahren haben sich 23 von 25 Bürgerversammlungen für ein Verbot ausgesprochen. Trotzdem nimmt das Feuerwerk in der Masse zu, die Müllberge, die die Stadtreinigung am Neujahrstag beseitigt, fallen jedes Jahr höher aus. Der Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt hat der Stadt jetzt einen Stufenplan vorgelegt, wie das Viertel innerhalb der nächsten fünf Jahre feuerwerksfrei werden kann.

Im vergangenen Winter hat der Stadtrat auf die Forderungen aus den Stadtteilen reagiert und da, wo es mit der Bundesgesetzgebung konform ging, vor allem in der Innenstadt, weitreichende Verbote erlassen. Dadurch allerdings drohen andere bei Feuerwerkszündlern beliebte Plätze, darunter auch die Isarbrücken, noch mehr überlaufen zu werden, befürchten die Lokalpolitiker in der Isarvorstadt.

"Der Stufenplan soll ein erster Schritt sein, unseren wichtigsten grünen Anteil zu schützen", sagte Arne Brach, Fraktionssprecher der Grünen und Vorsitzender des Unterausschusses Umwelt, Klima, Naherholung, der den Antrag entwickelt hat. Der Stufenplan solle auch so etwas wie ein erster Aufschlag mit einem klaren Konzept sein, wie man nach und nach aus der privaten Böllerei aussteigen könnte. Danach soll sie in drei Schritten verboten und durch städtische Angebote ersetzt werden.

In einer ersten Stufe würde ein Feuerwerksverbot für die Isar, ihre Ufer und Auen erlassen. Das soll auch für ihre Parallelstraßen gelten und für die Wittelsbacher-, die Reichenbach-, die Cornelius- und die Ludwigsbrücke - also auf sämtlichen Isarbrücken im Viertel. Diese Forderung ist nicht neu in der Ludwigvorstadt- Isarvorstadt, seit Jahren bereits versuchen die Stadtviertelpolitiker, mit Anträgen ein Isar-Böller-Verbot durchzusetzen. So stieß dann auch dieser erste Schritt im Stufenplan auf einhellige Unterstützung im Bezirksausschuss. Damit solle vermieden werden, die Isar zu vermüllen, denn sie biete den größten und wichtigsten Teil der Grünflächen des Stadtviertels.

Die weiteren Schritte wurden dann zwar nicht einstimmig, aber doch mit großer Mehrheit beschlossen. In der zweiten Stufe soll die Stadtverwaltung das gesamte Viertel für Knallerei sperren, nur die Theresienwiese soll als einziges Gelände für privates Feuerwerk zugelassen werden - mit einem Abstand von einhundert Metern zur östlichen Wohnbebauung. Konzentriere man das Abbrennen von Feuerwerk an einem Ort, erleichtere dies die Reinigung, argumentierten die Befürworter. Und der Schaden für die Tier- und Pflanzenwelt halte sich auf der Theresienwiese in Grenzen. Das passte Martin Ruckert (CSU) nicht. Er wollte diesen Schritt auslassen und gleich eine Stufe weitergehen. Ihm gehe die Sache nicht schnell genug, sagte er. Böller finde er "überflüssig wie ein Kropf".

Mittelfristig wünscht sich der BA ein generelles Verbot der Privat-Böllerei. In Stufe drei wird privates Feuerwerk gänzlich untersagt und durch Angebote seitens der Stadt ersetzt. Von "kontrollierten und zeitlich begrenzten Angeboten mit musikalischer Untermalung und Choreografie" war im BA die Rede, von Lichtspektakel, mit Feuerwerk, Licht- und Lasershows. Auch für dieses städtische Feuerwerk soll die Theresienwiese genutzt werden, dort könne man vielen Menschen freie Sicht auf die Show ermöglichen. Die SPD-Fraktionssprecherin Barbara Turczynski-Hartje unterstützte zwar ein städtisch organisiertes Feuerwerk, wandte sich aber gegen ein generelles Böllerverbot. Man könne nicht alle Lebensbereiche reglementieren, sagte sie.

So einfach abarbeiten kann man den Stufenplan aber nicht. Denn das Innenministerium ist für das Sprengstoffrecht zuständig, und dort fallen landschaftliche Schutzgebiete nicht unter die Bereiche, in denen man Feuerwerk verbieten kann. Der BA erinnerte die Stadt daher auch noch einmal daran, sich intensiv - zum Beispiel über den Städtetag - dafür einzusetzen, dass das Sprengstoffrecht so geändert wird, dass Kommunen mehr Einfluss auf das Feuerwerksgeschehen bekommen. Die Kommunen müssten entscheiden können, ob und wo Regelungen erlassen werden, forderte der BA-Vorsitzende Benoît Blaser (Grüne). Dann könnten örtliche Gegebenheiten und der Wille der Bürger berücksichtigt werden.

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