Belarus:Kreml kündigt Treffen mit Lukaschenko an

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Putin und Lukaschenko bei einem Treffen im Juni (Foto: AP)

Der Staatschef von Belarus will nach Moskau reisen, um das Bündnis auszubauen. Die Proteste in der Hauptstadt Minsk gehen weiter. Die EU fordert, die Wahlen zu wiederholen.

Von Silke Bigalke, Moskau, und Paul-Anton Krüger, Moskau

Im Machtkampf in Belarus setzt Machthaber Alexander Lukaschenko auf die Unterstützung Russlands für sein hartes Vorgehen gegen die Demonstranten. Präsident Wladimir Putin werde sich mit ihm innerhalb der kommenden Wochen in Moskau treffen, teilte der Kreml nach einem Telefonat der beiden Staatschefs am Sonntag mit. Putin gratulierte Lukaschenko dabei laut Kreml zu dessen 66. Geburtstag. Sie hätten bekräftigt, das Bündnis der Nachbarn zu stärken und auszubauen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte, die von Vorwürfen massiver Fälschung begleitete Präsidentenwahl vom 9. August unter Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit zu wiederholen. Dagegen hatte Putin klargestellt, dass er anders als die Teilnehmer der Massenproteste in Minsk und die EU den von Lukaschenko reklamierten Sieg mit mehr als 80 Prozent der Stimmen anerkennt. "Wie Sie wissen, habe ich Alexander Lukaschenko zu seinem Sieg gratuliert", sagte er in einem Interview für eine Samstagssendung im Staatsfernsehen, das in Teilen bereits am Donnerstag ausgestrahlt worden war. Putin erklärte darin, er habe Lukaschenko eine Reserveeinheit mit russischen Spezialkräften zugesagt. Er sei sich mit Lukaschenko einig gewesen, dass diese Reserve "nicht eingesetzt wird, bis die Situation außer Kontrolle gerät".

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Laut dem WDR wurde den Journalisten nach ihrer Freilassung die Akkreditierung entzogen. Offenbar wollen die Behörden eine Berichterstattung über die Proteste verhindern.

Die belarussische Opposition versteht Putins Worte als Warnung. Bei der Demonstration am Sonntag hörte man auch die Forderung an den russischen Präsidenten, sich nicht einzumischen. "Wir hatten auf eine neutrale Position Russlands gehofft", sagt der frühere Kulturminister Pawel Latuschko, das sei nun vorbei. Latuschko sitzt im Präsidium des oppositionellen Koordinierungsrats, der eine friedliche Machtübergabe und neue Wahlen fordert.

Putins Zusage stärkt zwar Lukaschenkos Machtapparat. Sie zeigt aber auch eine Abhängigkeit, die dem belarussischen Machthaber unangenehm sein dürfte. Vor der Wahl hatte Lukaschenko Moskau noch beschuldigt, Unruhen in Belarus provozieren zu wollen. Nun scheint Moskau der einzige Ort zu sein, an dem er Unterstützung suchen kann. Die belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja, die viele für die wahre Wahlsiegerin halten, sagte in Anspielung auf Lukaschenkos Geburtstag, sie wünsche ihm, "dass er seine Ängste überwindet, der Wahrheit ins Auge sieht, die Stimme des Volkes hört und abtritt".

Am Sonntag waren in Minsk und anderen Städten mehr Einsatzkräfte auf der Straße als an den vergangenen beiden Wochenenden. Sie sperrten den zentralen Unabhängigkeitsplatz und das Kriegsdenkmal ab, frühere Treffpunkte der Protestteilnehmer. Die Einsatzkräfte versuchten, Demonstrierenden in der Innenstadt auseinanderzutreiben, was nicht immer gelang. Trotz aller Warnungen der Behörden gingen erneut Zehntausende auf die Straße. Bis zum Nachmittag wurden laut Innenministerium 125 Personen festgenommen. Allein in den ersten drei Protestnächten hatten Einsatzkräfte 6700 Menschen gewaltsam mitgenommen und teilweise misshandelt.

© SZ vom 31.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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