Pandemie:Söder verschärft Corona-Auflagen

In Bayern gelten künftig ab einem Inzidenzwert von 100 zusätzliche Beschränkungen bei Veranstaltungen und in der Gastronomie.

Von Andreas Glas und Johann Osel, München

Wegen der steigenden Infektionszahlen führt Bayern eine zusätzliche Warnstufe mit schärferen Einschränkungen ein: eine dunkelrote Ampelfarbe. In Städten und Landkreisen mit 100 oder mehr Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern binnen sieben Tagen sollen automatisch weitere Verbote bei Versammlungen und eine Sperrstunde in der Gastronomie bereits um 21 Uhr in Kraft treten. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwoch bei einer Regierungserklärung im Landtag an. Bisher enthält die Ampel neben Grün nur zwei Stufen - für Sieben-Tage-Inzidenzwerte von 35 (gelb) und mehr als 50 (rot). Laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) lagen zuletzt acht bayerische Städte und Landkreise in der dunkelroten Stufe; zwei Drittel aller 96 Kommunen sind nicht mehr grün. Flächendeckende Ausgangsbeschränkungen wie im Frühjahr strebe er allerdings nicht an, sagte Söder. Das Ziel der neuen Warnstufe sei vielmehr, noch härtere Maßnahmen zu vermeiden.

In seiner bereits dritten Regierungserklärung seit Beginn der Pandemie warb Söder um Gemeinsinn und Zusammenhalt - auch mit Blick auf die Oppositionsparteien, die den bayerischen Corona-Kurs kritisieren. Er wolle "keinen Alarmismus machen, keine Endzeitstimmung propagieren, aber auch keinen naiven Optimismus", sagte er. Es brauche "Ernsthaftigkeit und Seriosität" in der politischen Debatte. Dass die Menschen der Corona-Politik folgen, sei keine Frage der Loyalität oder "Obrigkeitshörigkeit", sondern eine Frage des Respekts voreinander und vor dem menschlichen Leben. Er sei überzeugt, dass Deutschland der Krise wie im Frühjahr "trotzen" werde. Wie vor Kurzem beim CSU-Parteitag verlas Söder auch Auszüge aus Hass-Mails, die er bekommen habe, und warnte vor dem Erstarken antisemitischer und rechtsradikaler Kräfte in der Corona-Krise: "Das schreckt mich nicht ab, das hält mich nicht ab, wir handeln nach unserer Überzeugung."

In seiner Regierungserklärung sprach sich Söder gegen Grenzschließungen zur Bekämpfung der Pandemie aus. "Unser Ziel ist, dass die Grenzen offen bleiben." Damit das gelinge, werde der Freistaat mehr Testmöglichkeiten für Berufspendler anbieten. Zur Stärkung des Parlaments kündigte Söder eine Bundesratsinitiative an. Es müsse über das Infektionsschutzgesetz und andere Gesetze diskutiert werden. Zuvor hatte es bundesweit Kritik gegeben, dass in der Krise die Regierungen zunehmend auch die Aufgabe der Legislative übernähmen. Für Bayern plant Söder zudem weitere finanzielle Hilfen für Künstler und Kulturschaffende.

Aus der Opposition gab es Kritik für Söder. Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen, warf Söder vor, sich lediglich als Krisenmanager zu inszenieren, dieser Rolle aber nicht gerecht zu werden. "Wir müssen bei Corona alle Teamspieler sein", mahnte sie und forderte eine Corona-Kommission im Landtag. Ungewöhnlich heftig fiel auch die Reaktion der Freien Wähler aus, des Regierungspartners der CSU in Bayern. Wenn es jede Woche neue Regeln gebe, "wird das nur noch mehr in die Verwirrung führen", sagte FW-Fraktionschef Florian Streibl bereits im Vorfeld der Presseerklärung mit Blick auf die neue, dunkelrote Warnstufe, die künftig in Bayern gelten soll. "Es kennt sich keiner mehr aus", sagte Streibl. Er sprach von "Regelwirrwarr".

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