Frankreichs Ex-Präsident:Sarkozy drohen bis zu vier Jahre Haft

Frankreichs Ex-Präsident: Das jüngste Buch von Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy über seine Anfangszeit im Élysée war der Bestseller des Sommers.

Das jüngste Buch von Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy über seine Anfangszeit im Élysée war der Bestseller des Sommers.

(Foto: Stephane de Sakutin/AFP)

Der 66-Jährige könnte der erste ehemalige Präsident der Republik werden, der zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird. Doch der glaubt an eine Verschwörung.

Von Nadia Pantel, Paris

Das neueste Buch von Nicolas Sarkozy hat mehr als 500 Seiten, doch man muss nur bis Seite 27 blättern, um zu einer klaren Einsicht zu gelangen. "Ich habe in meinem Leben alles getan, damit man mich bemerkt", schreibt der 66-Jährige. Wenn es schlecht für ihn läuft, könnte Sarkozy am Montag noch einmal ganz massiv bemerkt werden. Er könnte der erste ehemalige Präsident der Republik werden, der zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird. Bis zu vier Jahre drohen ihm wegen versuchter Einflussnahme auf die Justiz, das Urteil wird am Montag erwartet. Während des Prozesses verteidigte sich Sarkozy mit einem Statement, der aus dem Mund eines früheren Staatschefs doch erstaunlich klingt: "Ich habe nur einen Freundschaftsdienst geleistet. Mein ganzes Leben hat darin bestanden, kleine Freundschaftsdienste zu leisten."

Der kleine Freundschaftsdienst, der zur Anklage führte, erfolgte 2014, als Sarkozy versuchte, an Ermittlungsgeheimnisse zu kommen. Und im Gegenzug mutmaßlich Unterstützung bei der Beschaffung eines hohen Postens anbot. Glaubt man Sarkozy, ist der Prozess das Ergebnis einer politischen Verschwörung gegen ihn. Die linke Justiz habe es auf ihn, den Konservativen, abgesehen. Mit dieser Begründung erklärt Sarkozy alle gegen ihn laufenden Verfahren für haltlos. Der Prozess wegen illegaler Finanzierung seines Wahlkampfes 2012, die Ermittlungen wegen möglicher Millionenspenden des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi für den Wahlkampf 2007, der jüngste Verdacht, er habe seiner Ex-Frau eine Scheinbeschäftigung beim Parlament beschafft. Alles ausgedacht, um ihm zu schaden, so Sarkozy.

Wobei: Welcher Schaden? Neun Jahre nach Ende seiner Präsidentschaft (2007 bis 2012) sprechen seine Parteifreunde bei den Republikanern über ihn wie über ihr Heiligstes. Und auch in der aktuellen Regierung unter Emmanuel Macron haben sich die Sarkozisten gut eingerichtet. Innenminister Gérald Darmanin beweist beinahe täglich, wer ihn in die Politik eingeführt hat: sein Mentor und Freund Nicolas. Wie sein großes Vorbild lässt auch Darmanin keine Gelegenheit aus, sich zu empören und den Verfall von Land und Sitten zu beklagen. Getreu dem Motto: lieber zu heftig als zu leise.

Wer Sarkozy lobt, der hebt sein Talent als Krisenmanager hervor, seine Autorität. Doch die heutige Sarko-Begeisterung mancher spiegelt sich eher weniger in der Stimmung seiner Präsidentschaftsjahre. Solide 42 Prozent halten aktuell Macron für einen guten Präsidenten. Sarkozy kam zum gleichen Zeitpunkt seiner Amtszeit auf 30 Prozent. Als einer seiner berühmtesten Freunde, der Schauspieler Gérard Dépardieu, 2012 für Sarkozy Wahlkampf machte, war das Schmeichelhafteste, das ihm einfiel: "Ich höre nur Schlechtes über diesen Mann, der nur Gutes tut." Wiedergewählt wurde Sarkozy nicht.

Dauerpräsent blieb Sarkozy dennoch. Sein erwähntes letztes Buch über seine Anfangszeit im Élysée war der Bestseller des Sommers. Es setzt eher auf Unterhaltung denn auf Analyse. Wer schon immer lesen wollte, wie Angela Merkel (laut Sarkozy ein "schüchterner Bulldozer") sich an Buffets verhält (kämpferisch), ist mit dem Buch richtig beraten.

Der Glanz des Systems Sarkozy liegt auch in seinem prominenten Personal. Sarkozys Halbbruder Olivier wurde berühmt durch eine kurze Ehe mit dem Hollywoodstar Mary-Kate Olsen. Über die Luxusmokassin-Kollektion des Sarkozy-Sohns Louis berichtete sogar die New York Times. Und durch die Ehe mit Ex-Model, Schauspielerin und Sängerin Carla Bruni ist Nicolas Sarkozy ohnehin für immer der grauen Tagesaktualität enthoben. Pünktlich zur Urteilsverkündung hat Bruni ein Making-of ihres neuesten Musikvideos veröffentlicht. Darin spricht die zehnjährige Tochter des Paares davon, was "große Liebe" sei. Frankreichs Klatschreporter schmelzen vor Rührung dahin.

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